Die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten für das Odeon scheinen schon frühzeitig fraglich und unwahrscheinlich gewesen zu sein. Mitte September versuchte der Eigentümer schon es ganz oder „in zweckmäßigen Abtheilungen auf Ein oder mehrere Jahre zu vermiethen”.
Darüber hinaus wurden die Einwohner Wiens die sich nicht irgendwo hin zum Bade- oder Curaufenthalt oder in die Sommerfrische begeben konnten zu Unterhaltungen wie der „besonders interessanten Kunst-Production im Gehen auf der Oberfläche des Wassers” die die Herren Kiellberg aus Schweden und Balchen aus Norwegen zu einem wohltätigen Zweck veranstalteten (sie versuchten mit Blechschuhen auf dem Wasser zu laufen) und mit zahlreichen neuen Menagerien im Prater eingeladen.
Über den Frühling und Sommer erschienen eine Anzahl neuer Werke im Druck. Ab diesem Jahr von beiden Herren Musikdirectoren Johann Strauss. Diejenigen von Vater Strauss im Verlag Haslinger, die von Strauss Sohn im Verlag Mechetti.
Zunächst von Johann Strauss Sohn Opus 2 am 1. April und Opus 3 am 12. April.
Von Johann Strauss Vater am 2. April Opus 170
Am 14. April legte der Verlag Haslinger das Opus 126 von 1840/41 nochmals mit dem Zusatz „Dieses ausgezeichnete Fantasiestück, welches stets mit dem größten Beyfalle aufgenommen und zur Wiederholung verlangt wird, erhält bey dem Umstande, daß der ausgezeichnete Virtuose Herr Ernst selbes mit dem außerordentlichen Erfolge vorträgt, einen erneuerten Reiz” auf.
Am 17. Mai Opus 171 und am 23. Juni Opus 173 von Strauss Vater
Am 2. Juni Opus 4 und am 27. August Opus 5 von Strauss Sohn
Am 16. August das Opus 174 zusammen mit dem bereits im Januar erschienen Opus 169 und bereits am 25. Juni das Opus 172 von Strauss Vater. Auf der Titelvignette ist der riesige Odeon-Saal dargestellt.
Am 2.August Opus 175 und am 1.September Opus 176 von Strauss Vater
Am 24.September Opus 178 und schließlich am 8. Oktober Opus 177, ebenfalls Strauss Vater.
Ferdinand Dommayer hatte in der Faschings-Zeit bereits die Straße zu seinem Casino in Hietzing auf seine Kosten mit Gas beleuchtet. Auch in der inneren Stadt schritt die Verschönerung voran. „Die mannigfaltigsten Regulierungen der Hauptplätze, die vielen Erweiterungen der Passagen und dadurch erreichte Symmetrie und Perspective, all´ die neuen Pflasterungen mit Würfelsteinen nebst den vielen großartigen Privatbauten, haben unserer Residenz wirklich ein ganz neues, höchst freundliches , im Verhältnisse zu dem früheren gar nicht mehr zu erkennenden, großartiges, selbst den vielgepriesenen Weltstädten an der Themse und Seine ähnliches und ebenbürtiges äußeres Ansehen gegeben. .... Der neuerlichste höchst erfreuliche Fortschritt ist die Einführung der Gasbeleuchtung in der ganzen inneren Stadt, mit Ausnahme der Basteien...”-
Mit dem 1. Juli waren die Hauptstraßen und Plätze mit Gas beleuchtet, bis 1. Oktober 1845 sollten die übrigen wichtigen Hauptpassagen der inneren Stadt, bis 1 Juli 1846 sämtliche noch übrige größere Passagen und bis 1. Oktober 1846 sämtliche noch übrige Nebengassen beleuchtet sein, sodass dann 600 bis 700 Gaslichter, jede Gasflamme mit 5 Kubikfuß Gas-Konsumo in der Stunde, wovon die Hälfte die ganze Nacht und die andere Hälfte bis 2 Uhr nach Mitternacht brannten, mit dem reinsten Gase erleuchtet sein.
Den großartigen Privatbauten wird ein eigenes Kapitel gewidmet werden.
Die Reise von Johann Strauss Vater mit seinem Orchester-Personal aus 25 Musikern, es war seine sechste längere Konzertreise, ging Mitte November zunächst nach Prag. Sicherlich hatte die kürzlich durch die Eröffnung der Strecke von Olmütz nach Prag geschlossene Eisenbahnverbindung von Wien bis Prag mit der Reiseplanung zu tun und sicher nahm Strauss auch die Eisenbahn bis nach Prag.
Die k.k. Nördliche Staatsbahn war die erste durch den Staat erbaute Eisenbahn im Kaisertum Österreich. Sie liegt auf dem Gebiet des heutigen Tschechien.
Obwohl es um 1840 nur wenige Staatsbahnen in Europa gab, setzte sich der Präsident der Allgemeinen Hofkammer, Carl Friedrich von Kübeck für den Bau solcher Bahnen ein. Dies lag einerseits an der Industrialisierung Böhmens und der Verbindung zu Nord- und Ostsee, anderseits spielten militärische Gründe eine Rolle, da die Beziehungen zu Preußen mäßig waren, das Königreich Sachsen aber ein Verbündeter.
Schon 1836 erhielt der Prager Rechtsanwalt Max Lichtner eine Konzession für eine Eisenbahnstrecke von Brünn nach Prag, konnte dafür aber kein Geld aufbringen. Allerdings erreichte diese Konzession, dass die k.k. privilegierte Kaiser Ferdinands-Nordbahn bei einem Ansuchen um eine eigene Konzession für diese Strecke scheiterte. Da die Macht im Staat aber nicht bei Kaiser Ferdinand I., sondern der Staatskonferenz lag, konnte Salomon Rothschild und damit der der k.k. privilegierte Kaiser Ferdinands-Nordbahn freundlich gesinnte Metternich Kübeck davon überzeugen, den Betrieb der Bahnen Privaten zu überlassen.
Am 19. Dezember 1841 wurde Kübecks Konzept bewilligt und Hermenegild von Francesconi zum Generaldirektor ernannt. Da Francesconi von der k.k. privilegierte Kaiser Ferdinands-Nordbahn kam, brachte er schon ausgearbeitete Pläne mit, die der Nordbahn sehr entgegenkamen, insbesondere die östlichen Endpunkte in Brünn und Olmütz. Am 3. August 1842 wurde der Bau der Linie Olmütz-Prag angeordnet und am 4. September des Jahres damit begonnen.
Durch die Vermeidung von Kurven und Steigungen waren zahlreiche Kunstbauten notwendig. Der Unterbau war für zwei Gleise vorbereitet, doch nur das kurze Stück zwischen Prag und Biechowitz wurde tatsächlich zweigleisig ausgeführt. Die Normen dieser Strecke wurden später auch von den anderen Staatsbahnen übernommen. 1843 wurde von der Firma Talachini mit dem Bau der Strecke Brünn - Böhmisch Trübau begonnen. Die Sparmaßnahmen der Firma führten zu einer schlechten Behandlung der Arbeiter, was zahlreiche Fälle von Typhus, Amöbenruhr und Fleckfieber zur Folge hatte. Außerdem verzögerten Geländeschwierigkeiten und die Märzrevolution die Fertigstellung bis 1849. Die restlichen Teile wurden in mehreren Abschnitten bis 1851 fertiggestellt.
Am 1. September 1845 wurde das Teilstück Olmütz – Prag eröffnet.
Auf dem Netz gab es anfangs 36 Bahnhöfe, wovon 34 neu gebaut wurden und bei den restlichen beiden (Brünn und Olmütz) zusätzliche Gebäude errichtet wurden. Den Betrieb führte die k.k. privilegierte Kaiser Ferdinands-Nordbahn, mit der am 1. September 1845 ein Betriebsvertrag abgeschlossen wurde. Neben den finanziellen Regelungen und der Verpflichtung der Nordbahn zur Einschulung von Staatsbahnpersonal enthielt dieser auch ein Wagentauschabkommen für Güterwagen. Dieser Passus führte aber bald zu Auseinandersetzungen, da wegen des geringen Lichtraumprofils der Staatsbahn die Nordbahnwaggons nicht beliebig einsetzbar waren. Diese und andere Konflikte führten dazu, daß die Staatsbahn den Betrieb ab 1. Mai 1850 selbst übernahm. Anfänglich wurde links gefahren, aber schon 1851 auf Rechtsverkehr umgestellt.
Am 15. Oktober war Strauss jedenfalls „auf der Durchreise“ und auf eine Soirée in Prag und versprach auf dem Rückweg wieder zu kommen. Im Saal auf der Sophieninsel produzierte er vor 1800 Personen unter anderem die Ferdinand Quadrille, das musikalische Album und melodischen Tändeleien.
Über die nächsten Stationen der Reise, nämlich Reichenberg, Zittau, Dresden und Magdeburg wissen wir nicht viel. Am 20. Oktober gab Strauss in Dresden ein Concert und anscheinend war er auf der Reise von einer leichten schnell vorübergegangenen Krankheit befallen. Am 26. Oktober reiste die Gruppe mit der Bahn von Leipzig nach Magdeburg wo abends ein Konzert stattfand.
Am 5. November waren in Wien bereits detaillierte Nachrichten über die erste Musikproduktion von Kapellmeister Strauss (Vater) im Kroll´schen Saale zu Berlin bekannt. Daten wurden nicht übermittelt.
Am 26. Oktober fuhr die Reisegruppe auf der Bahn von Dresden über Leipzig, ohne Aufenthalt nach Magdeburg und erreichte am 28. Oktober Berlin. Von dann bis zum 5. November gibt es keine Informationen, außer, daß die Reisestrecke von Magdeburg nach Berlin in 7 Stunden mit der Bahn bewältigt wurde.
In Berlin fanden die Veranstaltungen meist im Kroll´schen Wintergarten statt. Am 14. November wurde Strauss bei Fackelschein eine Serenade gebracht, und sowohl der preußische König als auch die Prinzen des königlichen Hauses besuchten Konzerte. Die Sonntagskonzerte, es können maximal drei, und zwar am 2., 9. und 16. November gewesen sein, sollen bis zu 4000 Menschen besucht haben.
Sofern die nachfolgende Nachricht stimmt dann wollte Strauss sein Versprechen einlösen und auf der Rückreise nach Wien erneut Prag besuchen und dort am 20. November eine musikalische Soirée geben die aber deshalb ausfallen mußte, weil Diebe die Mundstücke der Blasinstrumente der Kapelle gestohlen haben. Wegen den bereits getroffenen Zusagen am St. Katharinenfest in Wien zu spielen, mußte die Soirée in Prag unterbleiben.
Am 21. November sollen Strauss und die Seinen wieder in Wien angelangt sein.
Die vermeintliche Reiseroute 1845
Die Entfernungen spielten bei dieser Reise bei weitem nicht mehr die Rolle wie bei den früheren Reisen. Mit Ausnahme des böhmisch sächsischen Grenzgebietes dürfte auf allen übrigen Strecken bereits die Eisenbahn verkehrt sein.
Unmittelbar nach der Ankunft stand der Katharinentag an. Schon Ende Oktober erschienen die ersten Anzeigen für den maskierten Ball in den k.k. Redouten-Sälen der am 23. November „zum Vortheile der Pensionsgesellschaft bildender Künstler in Wien” allerhöchst bewilligt wurde. Im großen Saale dirigierte Johann Strauss die Musik persönlich, im kleinen Saal Ph. Fahrbach. Der Zusatz „Vater” wurde in den Annoncen immer noch nicht verwendet, in den Anzeigen des k.k. Volksgartens fand sich der Zusatz „Vater” ab Dezember.
Besuch und Kritik des Maskenballes waren gut !
Am gleichen Abend und zum gleichem Anlaß veranstaltete Johann Strauss Sohn zu seinem Benefice einen großen Katharinen-Ball „im Sperl” und er präsentierte den ergebenst eingeladenen Gästen erstmals seine eigens für dieses Fest componierte Partie unter dem Titel „(Die) Oesterreicher (Walzer im Ländlerstyle)”, das spätere Opus 22.
Die Eintrittspreise waren für das Fest „im Sperl” im Vorverkauf 30 kf. CM, im Redoutensaal 4 fl. WW., umgerechnet 1,6 fl. CM, also fünffach.
Während Strauss Vaters Abwesenheit kam ein alter Bekannter von ihm in Wien an. Hector Berlioz den Strauss schon 1837 in Paris kennen und schätzen lernte, kam für einige Monate nach Wien um in den k.k. Redoutensälen und im Theater an der Wien Konzerte zu geben, das erste am 16. November im Wiedner Theater. Seinem Freund Strauss schenkte er zum Andenken seine Ouverture zum „römischen Karneval” und die Symphonie „Episode aus dem Leben eines Künstlers”. Nicht ganz uneigennützig, denn Strauss versprach diese Werke in seine Programme aufzunehmen und dadurch schneller in Wien bekannt zu machen als durch die vereinzelten Konzerte von Berlioz.
Die Sonntags-Soiréen von Johann Strauss Sohn in Dommayer´s Casino übernahm vorerst Franz Schröder, Strauss Sohn kehrte im folgenden Januar wieder nach Hietzing zurück. Er übernahm dafür die Leitung der Musik bei den großen Sonntag Nachmittags-Conversationen in Zögernitz´s Casino in Ober-Döbling ab dem 6. Dezember.
Für den Katharinentag selbst, den 25. November kündigte der „Odeons Fest-Courier" eine weitere Eröffnung des Odeon für einen großen Festball an. Der halbe Reinertrag war für den Wiener Schutzvereine zur Gründung eines Rettungshauses für entartete und verwahrloste Jugend gewidmet. Doch weder der gemeinnützige Zweck noch die Tatsache daß der Herr Capellmeister Johann Strauss, von seiner Kunstreise zurückgekehrt die Ballmusik dirigierte konnten das Fest erfolgreich gestalten. Der Besuch war schwach, nur 2000 Leute verloren sich in dem Saal.
Für den Rest des Jahres staden nur noch Nachmittags-Conversation und Soiréen an den Sonn- und Feiertgen im Kalender. Vater Strauss im k.k. Volksgarten und Sohn Strauss in Zögernitz´s Casino und >zum goldenen Strauß< im Josefstädter Theatergebäude. In der Converstation am 7. Dezember bei Zögernitz führte Johann Strauss Sohn seine neue Walzer-Partie von Katharinenball und als Novität die Overtüre „Le carneval romain” mit vergrösserter Kapelle auf. Jenes Werk, daß Hector seinem Freund Strauss Vater schenkte, das beim ersten Berlioz-Konzert besondere Aufmerksamkeit errang und dessen Partitur er den Wiener Kapellmeistern und Musikdirektoren überreichen lies.
Der Sohn war also schneller als der Vater. Berlioz soll die Veranstaltung bei Zögernitz besucht und die Aufführung gelobt haben.
In den letzten Ausgaben des Jahres wurden bereits die Arrangements für den Karneval 1846 angekündigt.
Folgende Erstausgaben erschienen im Herbst noch:
Opus 7 und Opus 8 von Strauss Sohn im Verlag Pietro Mechetti qm Carlo am 5. November und Opus 10 am 17. November.
Opus 179 von Strauss Vater am 13. November und Opus 180 am 4. Dezember im Verlag Haslinger
Die Krolloper (zeitweilig auch Kroll'scher Wintergarten oder Krolls Etablissement) war ein Gebäudekomplex in der Nähe des Brandenburger Tores, am heutigen Berliner Platz der Republik.
Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. gab den Anstoß dazu, in seiner Residenz einen neuen Ort vornehmer Geselligkeit zu errichten, nachdem er 1841 bei einem Besuch in Breslau den Kroll´schen Wintergarten kennen gelernt hatte. Dem Unternehmer Joseph Kroll überließ man in Berlin kostenlos ein Baugrundstück am Rande des Exerzierplatzes, einer staubigen, bei Regen schlammbedeckten Fläche knapp außerhalb der alten Stadtgrenze. Gefordert wurde allerdings ein persönliches Startkapital von 30.000 Talern, das Kroll sich leihen musste. Auch musste er sich verpflichten, bei Misserfolg das Grundstück zurückzugeben und seine neu errichteten Gebäude wieder abzureißen.
Am Neubau war maßgeblich der königliche Baumeister Ludwig Persius beteiligt – ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Projekt dem König am Herzen lag –, dazu die ebenfalls prominenten Architekten Carl Ferdinand Langhans und Eduard Knoblauch. Nach nur zehn Monaten Bauzeit konnte das Unternehmen am 15. Februar 1844 mit einem prachtvollen Ball eröffnet werden. Die schlossartige Anlage bestand aus einem zweistöckigen Mittelteil zwischen niedrigen Gebäudeflügeln sowie einigen Nebengebäuden. Sie bot Platz für 5000 Gäste, die in zwei Wintergärten, 14 größeren Gesellschaftsräumen und drei großen Sälen, darunter der besonders prunkvoll ausgestattete „Königssaal“, bewirtet und von 60 Musikern unterhalten wurden. Eine technische Besonderheit waren die 400 Flammen der gerade neu eingeführten Gasbeleuchtung.
Das erste Geschäftsjahr konnte durchaus erfolgreich gestaltet werden. In den Straßen Berlins warben großflächige Plakate für aufwändig dekorierte Maskenbälle, Italienische oder Chinesische Nächte, Verlosungen oder Weihnachtsausstellungen. Vorübergehend gastierte auch der Wiener Walzerkönig Johann Strauß bei Kroll – zog sich aber sehr bald wieder zurück, weil, wie er feststellte, seine Musik „dem berlinischen Naturell wenig anhaben konnte“
Was sonst noch geschah:
Geboren: