1848
Johann Strauss Sohn kam am 27. Dezember 1847 in Bukarest an. Vermutlich reiste er zunächst mit dem Dampfschiff donauabwärts über Preßburg, Ofen/Pest, Neusatz nach Belgrad. Von dort ging es über die holprigen Landstraßen per Kutsche nach Temeswar, Arad, Klausenburg, Hermanstadt und Kronstadt. Die Reise von Kronstadt nach Bukarest hat Strauss ja Ende 1847 selbst beschrieben.
Strauss Sohn leitete die Musik im fernen Bukarest, wo mitunter das Fürstenhaus und der hohe Adel seine Konzerte besuchte. In Dommayer’s Casino und in den Speise-Sälen zum grünen Thor leitete Philipp Fahrbach bei den Conversationen anstelle Strauss die Musik und er trug auch seine neue Martha-Quadrille dort vor.
Es ist bekannt, daß Strauss am 2. und am 4. Januar in Bukarest Konzerte im Theatersaal gab die der Fürst und die Fürstin Bibesco und der Adel besuchte und daß er am 6. Januar die Musik bei einem geschlossenen Ball im Saale des Herrn Momolo leitete und dabei in der Uniform des zweiten Wiener Bürger-Regimentes auftrat und seinen Walzer „Klänge aus der Walachei”, das Opus 50 uraufführte. Der „Ungar” berichtete, daß die Damen Bukarests eine Deputation nach Kronstadt gesendet hätten um Strauss für den Karneval für 12 Bälle in Bukarest einzuladen und ihm dafür 1000 Ducaten in Gold zusicherten. Die Theaterzeitung erhöhte in ihrem Artikel den Betrag von 4000 Ducaten.
Der Fasching in dem kalten und schneereichen Winter des Jahres 1848 dauerte wie bereits erwähnt, zwei lange Monate und trotz der herannahenden Katastrophe wurde in Wien gefeiert und Johann Strauss Vater war vielerorts und häufig im Einsatz.
Bezüglich der Martha-Quadrillen, nach Friedrich von Flotows Oper „Martha” die am 15. November 1847 im Kärtnerthortheater zum ersten Mal aufgeführt wurde, gab es öffentlichen Klärungsbedarf. Strauss Vater trug seine Quadrille, das Opus 215 am 18. Dezember 1847 „im Sperl” erstmals vor und der Verlag Tobias Haslinger’s Witwe und Sohn kündigte die Ausgabe zunächst am 28. an und gab sie am 30. Dezember im Druck heraus. Strauss Sohn führte seine Martha-Quadrille, Opus 46 im Karneval 1848 in Rumänien erstmals auf. Der Anlaß und der Ort sind nicht zu bestimmen. Der Verlag H.F. Müller gab die gedruckte Version schon am 13. Januar 1848 heraus. „Derselbe Verlag hat auch das Eigenthumsrecht der „Martha” (mit Ausnahme der Partitur) an sich gebracht, und doch sehen wir von einer anderen Kunsthandlung eine „Martha”-Quadrille angekündigt. Erklärt uns Graf Oerindur diese Nachdrucks-Prozedur” fragte der „Humorist” in seiner Ausgabe am Silvestertag. Mit „der anderen” war die Kunsthandlung Haslinger gemeint und mit der „Martha”-Quadrille das Werk von Strauss Vater, daher sah sich Carl Haslinger veranlaßt die Erklärung abzugeben, daß dies im Einverständnis mit dem Original-Verleger, Herrn H.F. Müller geschah und dies auch auf dem Titelblatt erwähnt sei. Damit war der Fall wohl abgeschlossen. Fahrbach hatte ebenfalls eine Martha-Quadrille komponiert die er „im goldenen Strauß” vortrug. Sie erschien gedruckt im Verlag A.O. Witzendorf.
Für den Saal "zum goldenen Strauss" hatte Franz Pokorny inzwischen auch einen Pächter gefunden. Herr Joseph Zillinger bot die geräumigen Localitäten im Theatergebäude in der Faschings-Saison 1848 jedermann zur gefälligen Benützung an. Die Ballmusik dort leitete Ludwig Morelly.
Für Strauss Vater begann der Karneval am 12. Januar mit der Eröffnung des Sophienbad-Saales mit Wintergarten und zwar mit einem Ball zum Besten des St. Joseph-Kinderspitals auf der Wieden, den der Vereinssekretär Franz Joseph Kolb traditionell veranstaltete.
Herr Hagenbucher, der Pächter des Sperl erwähnte auch in diesem Jahr in seinen Anzeigen nicht, wer die Musik bei den öffentlichen Bällen sonntags leitete. Der erste Maskenball mit Lotterie der für den 16. Januar in den k.k. Redoutensälen geplant war, wurde wegen des Trauerfalles im Kaiserhaus auf dem 30. Januar verschoben.
„Im Sperl” begann das Faschings-Treiben am 16. Januar mit einem Fest-Ball zur Eröffnung der Ballsaison in den oberen Sälen und Strauss Vater komponierte hierfür einen neuen Walzer mit dem Titel „Tanz-Signale” der die Opus-Zahl 218 trägt. Die Flora-Bälle dort begannen am 22. Januar in den Winter-Sälen.
Das Odeon war wieder zu einem Tanzsaal hergerichtet und wurde mit dem ersten großen Fest-Ball am 23. Januar eröffnet. Das neue Leopstädter-Theater, dessen Ensemble während der Bauzeit das Odeon als provisorisches Theater nutzte, war bereits am 10. Dezember 1847 unter dem neuen Namen, k.k. priv.(ilegiertes) Carltheater mit der Burleske „Die schlimmen Buben in der Schule“ von Johann Nestroy, der auch die Hauptrolle spielte, eröffnet worden. Wie im Vorjahr leitete Strauss Vater im Odeon die Musik. Es fanden während des Carnevals alle Sonntage große Fest-Bälle und alle Mittwoche besonders festliche Gesellschafts-Bälle statt. Ebenfalls am 23. Januar veranstaltete Franz Morawetz im Sophienbad-Saal bei Eröffnung des neu angelegten Wintergartens den ersten öffentlichen Ball unter dem Titel „Eine Redoute ohne Maske”. Diese so bezeichneten Bälle waren der ungezwungenen Heiterkeit der Bewohner der Residenz gewidmet und sollten Volksbälle, gleich denen in anderen Großstädten werden. Und dies 7 Wochen vor den Ereignissen im März 1848 ! Mit der großen Sonntag Nachmittags-Conversation im k.k. Volksgarten und dem großen Ball in den oberen Sälen des Sperl hatte der k.k. Hofball-Musik-Direktor Johann Strauss und seine Musiker an diesem Sonntag also bei 4 Veranstaltungen die Musik auszuführen.
Am 26. Januar fand ein großer Fest-Ball „zum Besten der unter dem Allerhöchsten Protectorate Ihrer Majestät der durchlauchtigsten Frau Kaiserinn Mutter stehende Kleinkinder-Bewahr-Anstalt zu Döbling” im Sophienbad-Saal statt. Für Omnibusse vom Stephansplatz, Zufahrt und Wagenaufstellungsplatz nächst dem Locale war gesorgt und die Fiaker-Taxe konnte im Ball-Locale eingesehen werden.
Über Bälle an Donnerstagen und Freitagen ist in diesem Karneval wenig bekannt, aber wie jedes Jahr kann davon ausgegangen werden, daß trotz der Verhältnisse zahlreiche Privatbälle veranstaltet wurden und Strauss bei vielen davon engagiert war.
Nachdem am Samstag dem 29. Januar vermutlich wieder ein Flora-Ball im Sperl stattgefunden hat war der Hofball-Musikdirektor am Sonntag den 30. wieder vier mal tätig. Zunächst Nachmittags bei der Conversation im k.k. Volksgarten, dann abends bei einem großen Ball in den oberen Sälen im Sperl, einem großen Fest-Ball im Odeon und dem maskierten Ball den die Gesellschaft adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen zum Besten der Armen in den k.k. Redoutensälen in Verbindung mit einer Lotterie veranstaltete. Jener Ball der aufgrund des Todesfalles im Kaiserhaus verlegt worden war. Die Redoute war aber nur schwach besucht und gegen zwei Uhr schon verlassen.
Die Herren Techniker veranstalteten ihren Ball am 31. Januar im Sophienbad-Saal. Strauss Vater widmete ihnen sein Opus 224 den Walzer „Amphionklänge - Techniker Ball Tänze” den er auf dem Ball uraufführte. Am Lichtmeß-Tag, dem 2. Februar fand eine Neuauflage des „Najadenballs”, das Ball-Fest zum Vergnügen der Schwimm- und Badegäste des Sophienbades daselbst statt.
Der Fest-Ball zum Besten des Armenhauses der Leopoldstadt und Jägerzeile fand am 7. Februar im Sperl statt und sollte nach dem Willen des Gemeindevorstandes nach Jahren stiefmütterlicher Behandlung wieder auf seinen alten Glanzpunkt erhoben werden. Der Medizinerball tags darauf im Sophienbad-Saal wurde nicht eigens angezeigt. Strauss präsentierte dort seinen neuen Walzer „Äther-Träume - Mediciner Ball Tänze”, sein Opus 225 das er „Den Herren Hörern der Medizin an der Hochschule in Wien” widmete.
Am Mittwoch den 9. Februar waren ein weiterer festlicher Gesellschafts-Ball im Odeon, ein Slawenball im Sophienbad-Saal sowie ein Ball zum Besten des Schullehrer Witwenfonds im Sperl unter Strauss Vaters Leitung.
Die Tanzlehrer Wiens verloren kurz vor dem Jahreswechsel einen ihrer bekanntesten Kollegen. Am 3. November 1847 verstarb der Tanzlehrer und Ballunternehmer Herr v. Webersfeld in Wien. Die Kollegen Gorsky und Rabensteiner waren neben anderen auch für die Tanzordnung bei den Bällen im Sophienbad-Saal zuständig. Herr Rabel war in Dommayer’s Casino und sicher auch in anderen Localen verpflichtet. Rabensteiner’s Ball fand am 14. Februar in den Sälen zum Sperl statt, und zwar parallel mit dem Kostüm-Ball im Sophienbad-Saal. Daß Strauss bei beiden die Musik leitete ist wahrscheinlich, im Sophienbad-Saal tanzte allerdings niemand. Der Ball war sehr schwach besucht und die wenigen Gäste langweilten sich an den Tischen. Dagegen war der Künstler-Ball den die Herren La Roche und Löwe am 16. Februar im Sophienbad-Saal veranstalteten und zu dem sie nur 1500 Gäste einluden ein voller Erfolg.
Die Reihe der Wohltätigkeitsbälle setzte der Ball am 20. Februar in den k.k. Redoutensälen der von einem Verein ansehnlicher Kaufleute veranstaltet wurde, glänzend ausfiel und dessen Reinertrag mehreren Wohltätigkeits-Anstalten zu Gute kam, fort.
Zu seinem eigenen Benefize-Ball am 21. Februar im Sophienbad-Saal mit Benützung des neu errichteten Winter-Gartens präsentierte Strauss sein Opus 230, den Walzer „Sorgenbrecher”, den er an dem Abend einige Male wiederholen mußte. Der Fest-Ball war verbunden mit einer Damen-Spende die aus 300 Druck-Exemplaren des Walzers „Tanz-Signale” bestand welche in der Ruhestunde an die Damen überreicht wurden.
Sorgen gab es sicher eine Menge in Wien und einen Sorgenbrecher wünschten sich und brauchten viele. In den Tageszeitungen wurde vermehrt über Straftaten, meist Einbrüche und Diebstähle geschrieben. In staatstreuen Blättern dagegen wurde den bettelnden Armen Arbeitsscheue und Faulheit nachgesagt „um ihre Brandschatzungen des Mitleids ergiebiger zu machen”. Der Unmut des Volkes kochte schon. Noch aber währte der Fasching zwei Wochen lang.
Am 23. Februar führte Strauss sein Opus 229, die „Quadrille im militärischen Stil” bei einem Bürger-Offiziers-Ball in den k.k. Redoutensälen auf. Am gleichen Tag waren auch ein großer öffentlicher Fest-Ball im Sophienbad-Saal sowie ein festlicher Gesellschafts-Ball im Odeon. Tags darauf fand ein großer Hofball bei dem Allerhöchsten Hof statt über den es nur eine einzeilige Meldung gab und der wohl der einzige in diesem Fasching blieb.
Der 27. Februar war für Strauss Vater wieder voll belegt mit der großen Nachmittags-Conversation im k.k. Volksgarten, dem großen Ball in den oberen Sälen im Sperl und den öffentlichen Fest-Bällen im Odeon und im Sophienbad-Saal. Tags darauf fand eine Beseda (ein Slawenball) im Sophienbad-Saal statt bei der Strauss nur einen Walzer spielte und sonst Nationaltänze aufführte. In den k.k. Redoutensälen fand gleichzeitig der Ball zum Besten des Fonds für erwachsene Blinde, den das Ausschußmitglied Manussi alljährlich veranstaltete und möglicherweise auch bei Hof ein Kammer-Ball statt.
Den überzähligen Schalttag am 29. Februar nutzte Franz Morawetz für die Abhaltung eines großen Carnevals-Volksfestes, zugleich der letzte öffentliche Ball im Sophienbad-Saal unter dem Titel "Unzählige Freuden an einem überzähligen Tag" verbunden mit einer Herren- und Damen-Spende indem mit jeder Eintrittskarte ein Los ausgegeben wurde mit dem fünf Fünftellose des 1839er Anlehens im Wert von 210000 fl. und 800 andere Spenden zu gewinnen waren. Strauss Vater komponierte für das Fest sein Opus 219 , die „Fortuna-Polka”.
Am 1. März veranstalteten die Bezirksdirektion der Leopoldstadt und das Bezirks-Comité des Wiener Kreuzer-Vereins einen Ball zum Besten ihres Vereins in den Sperl-Sälen für den Strauss Vater eine Polka mit dem passenden Titel „Wiener Kreuzer-Polka”, Opus 220 komponierte und uraufführte. Im Sophienbad-Saal veranstaltete der Tanzlehrer Herr Gorsky seinen Ball bei dem auch der von ihm „komponierte” Tanz Nador-Kör ausgeführt wurde, und im Odeon fand unter dem Motto "Ein Lichtmeer im Odeon" Wien´s großartiges Austria-Ballfest zu Ehren aller Stände des Kaiserstaates unter der Bezeichnung „Oesterreich über Alles” statt. Der Saal wurde „bey höchst imposanter Prachtschau-Ausstellung von 10000, sage zehntausend Austria-Stearin-Lichtern, die größte bisher gesehene Beleuchtung dieses Riesen-Saales” beleuchtet. Gleich wie großartig diese Tatsache angekündigt wurde, die Beleuchtung war nicht mehr zeitgemäß. Das Odeon hatte bei aller Pracht die Einrichtung der Gasbeleuchtung versäumt oder falsch eingespart. In den Tanzpausen unterhielt die Musik-Capelle des Regimentes Baron Hrabowsky mit Kapellmeister Hauser.
Der Ball wurde „auf allgemeines Verlangen” am Faschingssonntag dem 5. März und am Rosenmontag wiederholt. Das große Finale des Karnevals begann für Strauss vermutlich am Samstag zunächst mit einem Flora-Ball in den Winter-Sälen im Sperl und sicher mit einem Frohsinns-Ball im Sophienbad-Saal. Am Sonntag hatte er die Musik bei der großen Nachmittags-Conversation im k.k. Volksgarten, bei einem großen Ball in den oberen Sälen im Sperl, bei der Wiederholung des Austria-Ballfestes und bei dem ersten ungarischen Nationalball zu Ehren des Erzherzog Reichspalatin Stephan im Sophienbad-Saal auszuführen. Bei letzterem wechselte er sich mit einer ungarischer Militär Musik ab. Der Ball war einzigartig und der Besuch daran zu messen, daß 1400 Wagen am Portale des Sophienbad-Saales vorfuhren.
Am Rosenmontag standen die nächste Wiederholung des Austria-Ballfestes, ein Freuden-Fest im Sophienbad-Saal für das die Dekorierung vom Ungarnball vom Vortag verwendet wurde und der Carnevals-Schluß-Fest-Ball unter dem Titel "Wiener Frohsinn in seinem Element" den der Tanzlehrer Franz Rabensteiner in den Sälen zum Sperl veranstaltete an.
Den Karnevalsabschluß bildeten am 7. März ein großer öffentlicher Ball in den oberen Sälen im Sperl, eine Wiederholung des Freuden-Festes vom Vortag im Sophienbad-Saal und die Dienstags-Redoute in k.k. Redoutensaal die aber nicht mit sonstigen Dienstags-Redouten zu vergleichen war. Gegen Ende des Karnevals glich auch darin schon nichts mehr dem ehemals.
Mitte Februar veranstaltete der unbekannte Musikdirektor Johann Steidler in den Sälen "zum goldenen Strauß" in der Josephstadt einen Gesellschafts-Ball bei dem Lanner´s Sohn August mitwirkte und eine eigene Composition unter dem Titel „Meine ersten Walzer-Sehnsuchts-Klänge” vortrug. Der junge Walzerkomponist war gerade 13 Jahre alt.
Durch die Abwesenheit von Strauss Sohn traten in Wien neben Strauss Vater hauptsächlich Philipp Fahrbach beim Dommayer, „zum goldenen Strauß” und „zum grünen Thor”, sowie Ludwig Morelly „zum grünen Baum” in Neulerchenfeld und ebenfalls „zum goldenen Strauß” in Erscheinung.
Von Strauss Vater erschienen während des Karnevals fünf Werke im Druck, von Strauss Sohn erschien lediglich die „Martha-Quadrille”.
Aus Bukarest drangen nur noch wenige Informationen nach Wien. Strauss Sohn soll die Musik bei mehreren Soiréen und Privatkonzerten, sowie auf Gesellschaftsabenden am 5., 12. und 19. Februar geleitet haben. Seine neue „Annika-Quadrille” die später die Opus-Zahl 53 bekam hat er in Bukarest zusammen gestellt. Dies beweist der Vermerk auf der Reinschrift der Klavierfassung. Das Werk wurde vermutlich am 16. März, gut eine Woche vor der Abreise auch in Bukarest uraufgeführt.
Zu diesem Zeitpunkt war in West- und Mitteleuropa schon nichts mehr wie es früher war. Die Märzrevolution war schon in vollem Gange.
Bereits im Januar 1848 hatten sich italienische Revolutionäre gegen die Herrschaft der österreichischen Habsburger im Norden der Apenninen-Halbinsel und der spanischen Bourbonen im Süden erhoben. Die Ereignisse der französischen Februarrevolution bildeten den Funken für die sich anschließende Märzrevolution in weiteren Regionen Mitteleuropas, insbesondere in den Staaten des Deutschen Bundes.
Die bürgerlich-demokratische Februarrevolution von 1848 in Frankreich beendete am 24. Februar 1848 die Herrschaft des ursprünglich eher liberalen „Bürgerkönigs“ Louis-Philippe von Orléans und führte zur Ausrufung der zweiten französischen Republik. An deren Spitze wurde im weiteren Verlauf der Revolution, nach dem niedergeschlagenen sozialrevolutionären Juniaufstand, der Neffe des ehemaligen Kaisers Napoléon Bonaparte, Louis Napoléon Bonaparte, am 10. Dezember 1848 zum Staatspräsidenten gewählt. Diese Revolutionen hatten, zumindest zunächst, eine gesamteuropäische Dimension mit der Gemeinsamkeit bürgerlich-liberaler Zielsetzungen. Nachdem der König Louis-Philippe ein geplantes Bankett zur Reform des Wahlrechts verboten hatte, kam es ab dem 21. Februar 1848 zu öffentlichen Protesten in Paris, die sich schnell zu Unruhen ausweiteten und eine revolutionäre Entwicklung annahmen. Es kam vorübergehend zur Vereinigung von Arbeitern und Bürgern. Am 23. und 24. Februar 1848 folgten heftige Straßen- und Barrikadenkämpfe zwischen den Aufständischen und den königlichen Truppen. Am 24. Februar 1848 sah sich der verhaßte großbürgerliche Ministerpräsident François Guizot zum Rücktritt gezwungen. Kurz darauf dankte König Louis Philippe selbst ab und floh ins Exil nach England. Daraufhin wurde eine provisorische Regierung unter dem liberalen Politiker Alphonse de Lamartine eingesetzt und die Republik ausgerufen. Nach Beginn der Februarrevolution wurden auch die deutschen Länder Teil dieser Erhebungen gegen die herrschenden Mächte der Restauration.
In den deutschen Fürstentümern nahm die Revolution ihren Anfang im Großherzogtum Baden und griff innerhalb weniger Wochen auf die übrigen Staaten des Bundes über. Sie erzwang von Berlin bis Wien die Berufung liberaler Regierungen in den Einzelstaaten, die so genannten Märzkabinette, und die Durchführung von Wahlen zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung, die in der Paulskirche in der damals freien Stadt Frankfurt am Main zusammentrat.
In den italienischen Provinzen Österreich war es schon am 1. und 2. Januar zu blutigen Ausschreitungen, dem "Zigarrenrummel" gekommen und Österreich verhängte in der Lombardei den Kriegszustand. Ende März marschierten österreichische Truppen in Parma ein.
In Wien brach die Revolution unmittelbar nach Ende des Karnevals am 13. März, einen Tag vor Johann Strauss´s 44. Geburtstag los.
Angesichts der Forderung nach einer demokratischen Verfassung war die Erschütterung durch die französische Februarrevolution 1848 in Österreich besonders stark. Am 3. März hielt L. Kossuth, Führer der ungarischen Opposition, im ungarischen Reichstag in Preßburg die "Taufrede der österreichischen Revolution", in der er für Ungarn eine moderne Verfassung forderte. Am 13. März brach in Wien die Märzrevolution aus, die den Sturz Metternichs erzwang. In Oberösterreich, der Steiermark, Tirol und Mähren entwickelten die Landtage eine lebhafte Tätigkeit, neue Gemeindeordnungen und die Ablösung der Grundlasten waren die wichtigsten Punkte, darüber hinaus blieb die Revolution im deutschsprachigen Österreich vor allem auf Wien beschränkt. Einzig in der Steiermark meldeten sich radikale Elemente zu Wort, und im Oktober erhielt Wien aus diesen Kreisen etwas Verstärkung. Am 17. und 18. März begannen, unterstützt von Sardinien, Aufstände in Venedig und Mailand, das von Josef Wenzel Radetzky geräumt wurde. In Wien traten an die Stelle der Staatskonferenz ein Provisorisches Staatsministerium unter Vorsitz von F. A. Kolowrat-Liebsteinsky und an die Stelle der Hofämter Ministerien. Am 25. April wurde die Pillersdorfsche Verfassung erlassen, die aber auf heftige Kritik stieß. Am 23. März hatte Ungarn ein liberales Ministerium und am 11. April eine eigene Verfassung erhalten. Die auf einem besonderen "Böhmischen Staatsrecht" beruhenden Forderungen tschechischer und adeliger Kreise wurden jedoch nur teilweise bewilligt. Am 26. April wurde in Krakau ein polnischer Aufstand unterdrückt. Nach dem Sieg Radetzkys bei Santa Lucia im Sardinischen Krieg am 6. Mai wurde auch in Italien die österreichische Hoheit wiederhergestellt. In diesen Tagen erhoben sich Slowaken, Rumänen und Banater Serben gegen die zentralistischen Tendenzen der ungarischen Regierung. Das deutschsprachige Bürgertum sah seine Stellung durch die Freiheitsbestrebungen der anderen Nationen gefährdet, begrüßte daher die Siege der kaiserlichen Armee und suchte Rückhalt in Deutschland, das ebenfalls eine bürgerliche Revolution erlebte (Frankfurter Nationalversammlung). So kämpften die deutschsprachigen Österreicher in der Revolution unter großdeutschen Losungen und schwarzrotgoldenen Fahnen, dem Symbol sowohl der deutschen Einheit als auch von Freiheit und Fortschritt. Das nächste Stadium der Revolution begann mit neuerlichen Unruhen am 15. Mai in Wien. In der "Sturmpetition" von Nationalgarden, Studenten und Arbeitern in der Wiener Hofburg wurden die Zurücknahme der "oktroyierten Verfassung" vom 25. April und die Einberufung eines konstituierenden Reichstags mit allgemeinen, direkt und frei gewählten Abgeordneten gefordert. Nach Straßenkämpfen wurden in der Nacht vom 15. auf den 16. Mai diese Forderungen bewilligt.
Das Kaiserpaar reiste mit Erzherzog Franz Karl, dem Bruder des Kaisers und dessen Sohn Erzherzog Franz Joseph am 10. April nach Preßburg um dort den ungarischen Reichstag „in Allerhöchst eigener Person mit den üblichen Feierlichkeiten“ zu schließen, einige Wochen danach am 17. Mai flohen Kaiser Ferdinand I. und die kaiserliche Familie nach Innsbruck.
Tumulte der Studenten führten am 24. Mai zur Schließung der Universität und am 26. Mai wieder zu Barrikadenkämpfen in Wien, ausgelöst durch den Plan einer Auflösung der Akademischen Legion. Die Regierung mußte neben der Legion auch die Bildung eines Sicherheitsausschusses, bestehend aus Bürgern, Nationalgardisten und Studenten, gestatten, der nach Abzug des Militärs für einige Zeit eines der Machtzentren in Wien wurde. Den unter dem Studenten A. Willner gebildeten "Arbeiterkomitees" gelang es, soziale Forderungen durchzusetzen (10-Stunden-Arbeitstag, Lohnerhöhungen, Gründung des "Ersten österreichischen Arbeitervereins" usw.). Auch in Prag spitzte sich die Lage zu: Einerseits versuchten konservative Bürokraten, die Wirren in Wien zur Stärkung der Position Böhmens innerhalb der Monarchie zu nutzen, andererseits griffen im Prager "Pfingstaufstand" tschechische und deutschsprachige Revolutionäre zu den Waffen. Ihr Aufstand wurde von der Armee unter A. Windisch-Graetz blutig unterdrückt. Diese Aktion des Fürsten stellt den Beginn des Wiedererstarkens der restaurativen Kräfte in Österreich dar. Am 26. Juni kam Erzherzog Johann als Vertreter des Kaisers nach Wien, konnte diese Position wegen seiner Berufung als "Reichsverweser" nach Frankfurt aber nicht in der gewünschten Weise ausfüllen. Er betraute A. Doblhoff-Dier am 8. Juli mit der Bildung eines vorwiegend demokratisch gesinnten Ministeriums und eröffnete am 23. Juli den konstituierenden Reichstag. Dort beantragte H. Kudlich am 26. Juli die schon vorher im Prinzip zugestandene Aufhebung der bäuerlichen Untertanenlasten, die am 7. September beschlossen und vom Kaiser sanktioniert wurde. Durch diesen großen sozialen Erfolg wurde die Bauernschaft, die an der Revolution fast gar nicht beteiligt war, für die Krone gewonnen. Auch in Italien bekam nach dem Sieg Radetzkys über die sardinischen Truppen bei Custozza am 25. Juli die österreichische Staatsmacht die Oberhand und gewann die Lombardei zurück. Auslöser war, daß am 23. März König Karl Albert von Lombardien Österreich den Krieg erklärt hatte. Am 9. August 1848 schloß er einen Waffenstillstand. Am 12. August kehrte der Hof nach Wien zurück. Vom 21. bis 24. August stand Wien erneut im Zeichen eines Aufstands, weil die Löhne für weibliche und jugendliche Erdarbeiter herabgesetzt worden waren. Die Stadtgarde konnte die Ruhe ohne militärische Hilfe wiederherstellen, doch gab es 22 Tote und mehr als 300 Verwundete.
"Neues Wiener Journal"
über die Ereignisse des 13. März 1848
Gestern Kampf, Blut und Tod in allen Straßen, fürchterliches Geschrei um
Freiheit, die heute die Stadt schmückt wie eine Braut, aus allen Fenstern fliegen weiße und rote Kokarden, Kränze, Bänder, Fahnen. ... Doch ich will den Ereignissen nicht vorgreifen und ruhig
erzählen, wie diese nie geahnte, von keinem Menschen vorausgesehene Wiener Revolution geschah. Am 12. März ... hielten die Studenten an der Universität unter der Leitung sämtlicher Professoren
eine Versammlung, wo sie eine Adresse an den Kaiser beschlossen, worin Preßfreiheit, Mündlichkeit und Öffentlichkeit der Gerichte ..., Verantwortlichkeit der Minister ... die Hauptpunkte bildeten.
... Zugleich wurde beschlossen, sich am Montag, den 13. März ... in der Herrengasse vor dem niederösterreichischen Landhause zu versammeln, um der auch von den niederösterreichischen Ständen
beabsichtigten Adresse mehr Nachdruck zu geben. ... Die Stände eröffneten ihren Landtag ruhig, obgleich eine große Menschenmenge auf den Beinen war, jedoch die Elite der gebildeten Welt. ...
Plötzlich verbreitete sich ... das Gerücht, es seien Studenten verhaftet worden. ... Die schon aufgeregte Menge will in das Ständehaus dringen, wo die Reden immer hitziger werden; eine Abteilung
Grenadiere und Pioniere halten den Eingang besetzt. Die Unglücklichen geben Feuer in diese ... vielleicht aus 6000 Menschen bestehende Menge. ...Über einige Tote geht der Weg in den Palast. Alles
wird zertrümmert. ... Bald darauf stürmte eine ungeheure Menschenmasse die Freyung herauf ..., um das städtische Zeughaus zu stürmen. ... Nun ging es in allen Straßen los. ... "Nieder mit Metternich
...! Freiheit! Waffen!" Das war das Geschrei. ... Indessen war eine Bürgerdeputation beim Kaiser. Man verlangte: 1. Gleich Einstellung des Blutvergießens. 2. Abdankung Metternichs;
3. Errichtung einer Nationalgarde. Wenn diese drei Punkte nicht auf der Stelle bewilligt wären, stände jetzt ganz Wien in Flammen. ... Es war der merkwürdigste Tag der österreichischen
Geschichte, der 13. März. Einige Studenten haben diese alte, bemooste, sich unwiderstehlich glaubende Regierung über den Haufen geworfen. Das alte System ist mit Metternich gestürzt. Es beginnt
eine neue Zeit ... Wien steht wieder mitten in Deutschland [...].
[14. März] ... Um 12 Uhr erschien eine Proklamation: Preßfreiheit, Nationalgarde, Volksbewaffnung ist bewilligt, Konstitution ... in Aussicht. ... Erzherzog Albrecht ist verschwunden. Er hat
feuern lassen und der Haß gegen ihn ist furchtbar. Metternich ist abgereist. ... Wer Wien nachts am 13. März nicht sah, hat nie etwas Großes und Erhabenes gesehen.
Fürst Metternich ist nach der zensierten Wiener Presse bereits am 14. März auf seine Güter nach Böhmen abgereist, tatsächlich aber nach England geflohen. Wenige Tage später dankte der Bayerische Königs Ludwig I. zu Gunsten seines erstgeborenen Sohnes Maximilian II. Josef ab.
In Wien wurde Anfang April die deutsche, schwarz-rot-goldene Flagge am Stephansdom und der Universität gehißt. Die Zensur wurde aufgehoben.
Strauss Sohn dürfte in Bukarest sicherlich über die Vorgänge in Wien unterrichtet gewesen sein. Er veranstaltete dort am 20. März ein Abschiedskonzert bei dem er einen „Rumänischen Nationalmarsch“ und einen „Molly-Walzer“, die beide verschollen sind, uraufführte, dann am 23. März ein endgültiges Abschiedskonzert bei dem er zum Abschluß eine, ebenfalls verschollene, von ihm komponierte „Rumänische Nationalhymne“ von einem Sänger und dem Orchester vortrug, dann reiste er in den letzten Märztagen Richtung Wien ab, schließlich liefen ja auch die Pässe ab. Die Reise nach Konstantinopel wurde bereits früher aufgegeben. Auch die angeblich Johann Strauss von dem regierenden Fuersten angebotene Stellung als Leiter der gesamten Militärmusik und der Oper als Generalmusikdirektor nahm er nicht an und auch Jassy hat er nicht besucht. Die genaue Reiseroute nach Hause ist nicht bekannt, er brauchte aber zwei volle Monate bis er Ende Mai in Wien ankam. Ob er auf den Reisestationen weitere Konzerte veranstaltete ist ebenfalls unbekannt.
Daß die Nachrichten über die Vorgänge in Wien bereits am 14. März in Bukarest bekannt waren und auch dort erheblich Unruhe sowohl unter der österreichischen Kolonie als auch unter den Rumänien auslösten und wie Johann Strauss Sohn verstrickt war erzählt Eduard Strauß in seinen Erinnerungen so:
„Bis zur österreichischen Colonie in Bucarest flogen und überschäumten die Funken der Begeisterung für die ´Freiheit` und einzelne ihrer Mitglieder fühlten sich zu einer Emeute gegen das Generalconsulat veranlaßt, da man sich durch die Consulatgebühren bedrückt wähnte. Statt sich aber auf direktem Wege bei Staatskanzler Fürsten Metternich darüber zu beschweren, revoltierte man gegen den Generalconsul Ritter von T(imoni). Den Malcontenten war es gelungen, auch meinen Bruder Johann für ihre Angelegenheit zu interessieren und er beteiligte sich an dem Aufzuge der aus 14 Herren bestehenden Deputation. Um dem Anmarsche ein ganz besonderes Ansehen zu vereilen, hatte Johann sich in die Galauniform des II. Bürger-Regiments geworfen, welche er mitgenommen hatte. – Der Generalconsul wies die Deputation an die Staatskanzlei, aber die erhitzten Köpfe ließen sich nicht so leicht zur Raison bringen .......“
Das Ende war, daß der junge Kapellmeister den Säbel zog und auf den Generalkonsul eindrang, dessen wohlbewaffnete Kawassen und handfeste wallachische Diener die Abgesandten hinaus warf und dabei der weiße Federbusch an dem Zweispitz von Strauss fehlte.
Der Generalkonsul erstattete dem Staatskanzleramt Bericht wo er im Archive des neuen Ministerium des Äußeren landete und Johann von seinen Folgen nicht verschonen sollte.
Die Geschichte könnte sich auch nur so ähnlich oder auch anders abgespielt haben. Eduard Strauß bewies auch an anderen Stellen seiner Erinnerungen nicht gerade sorgfälltige Recherche und konnte von dem Vorfall in Bukarest ja auch nur von Erzählungen wissen.
Vater Strauss paßte sich in Wien den rasch wechselnden Gegebenheiten in jeder Hinsicht an. Augustin Corti veranstaltete im k.k. Volksgarten die üblichen Sonntag Nachmittags-Conversationen, freilich bei schwachem Besuch und der k.k. Hofball-Musikdirektor komponierte dafür fleißig Märsche. Bei derjenigen am 19. März führte er seinen „(Österreichischer) Nationalgarde–Marsch“, sein Opus 221, „Der löblichen oesterreicher National-Garde“ gewidmet. Diese wurde zu Beginn der Märzrevolution am 14. Februar 1848 in Wien von den Revolutionären aufgestellt und dann in allen größeren Orten eingerichtet. Nach den Unruhen wurde sie zunächst provisorisch wieder aufgelöst. Haslinger zeigte das Werk mit „höchst interessanten anderen Novitäten“ am 27. März an. In der gleichen Zeit muß auch das Strauss-Opus 226, der „Freiheits-Marsch“ entstanden sein. Auf dem Titelblatt der Erstausgabe fehlt ebenso wie in der Erstanzeige des Opus 221 und wie bei einigen anderen Werken aus der Zeit der sonst so stolz erwähnte Titel „k.k. Hofball-Musikdirektor“.
Schon am 23. März veranstaltete Stauss ein National Jubel-Fest in sämtlichen oberen Sälen im Sperl zum Besten des Monument-Fond für die Gefallenen.
Die Toten waren zu beklagen weil Erzherzog Albrecht, Kommandant der in Wien stationierten kaiserlichen Truppen mit einer berittenen Abteilung in die Herrengasse einrückte um die Demonstranten vor dem Landhaus zu vertreiben und als ihm dies nicht gelang das Feuer eröffnete und vier Männer und eine Frau dabei um Leben kamen. Albrecht war der Sohn von Erzherzog Carl, dem Sieger von Aspern und ein Vetter von Kaiser Ferdinand.
Offenbar vermutete Strauss Vater daß die Kaisertreuen Reaktionäre schon wieder die Oberhand hatten und kündigte sich als Wohltäter mit dem Titel k.k. Hof-Ball-Musik-Director an. In der Besprechung des Jubelfestes im „Wanderer“ wird wieder nur der Veranstalter, Herr Kapellmeister Johann Strauss genannt. In den Anzeigen über die wenigen Conversationen und Soiréen wurde dagegen der Titel erwähnt.
Am 17. April nahm Strauss Vater mit dem Bürgerregiment bei der Übergabe der ungarischen Fahne an die Nationalgarde am Hofe teil bevor er dann die Stelle als Kapellmeister der Nationalgarde des Stuben- und Kärtnerviertels annahm und das Amt als Kapellmeister des 1. Bürgerregimentes zurücklegte.
Ende April und Anfang Mai eröffneten dann trotz der Wirren die meisten Gärten und Sommer-Lokale. Beim Dommayer spielte Philipp Fahrbach, >zum grünen Thor< Ludwig Morelly, Franz Ballin im Tivoli in >Lechner´s Meierei am grünen Berg< und im k.k. Volksgarten, im Promenadegarten in Unger´s Casino und in den Gärten und Sommer-Sälen im Sperl Strauss Vater.
Ein bißchen hatte es den Anschein als ob sich das Unterhaltungswesen normalisiert hätte, nämlich
Sonntag: Große musikalische Nachmittags-Unterhaltung in Unger´s Casino
Montag und oder Mittwoch: Große musikalische Soiree in den Gärten und Sommer-Sälen im Sperl
Dienstag: Große Soiree im k.k. Volksgarten
Donnerstag: Große Soiree des Johann Strauss im großen Zeisig am Burg - Glacis
Freitag: Große Soiree im k.k. Volksgarten
Samstag: Große musikalische Soiree in den Gärten und Sommer-Sälen im Sperl
Doch dann begann das nächste Stadium der Revolution mit neuerlichen Unruhen am 15. Mai und Straßenkämpfen in der Nacht vom 15. auf den 16. Mai. Kaiser Ferdinand I. und die kaiserliche Familie flohen am 17. Mai nach Innsbruck und in Frankfurt wurde die erste Nationalversammlung deutscher Staaten eröffnet. Es schien als ob die Revolution Erfolg haben sollte, am 21. Mai erschien die Wiener Zeitung ohne den kaiserlichen Doppeladler und im Titel fehlte die Bezeichung „K.k.“.
Die Veranstaltungen wurden zwar in den Tageszeitungen nach obigem Kalender nach wie vor angekündigt, ob sie auch alle stattfanden darf bezweifelt werden. Für den 19. Mai kündigte Herr Corti ein großes Fest im k.k. Volksgarten an, dessen Reinertrag zur Uniformierung unbemittelter Herren Studenten bestimmt war. Außer der Bestimmung des Ertrages war die Ankündigung des Festes wie eh und je. Der Herr k.k. Hofball-Musikdirector und sein Orchester executierten die Musik abwechselnd mit der Musik-Capelle des löbl. k.k. Infanterie-Regiments Graf Nugent unter der Leitung von Franz Slaba und den Schluß bildete ein imposantes Feuerwerk. Bei ungünstiger Witterung sollte eine gewöhnliche Soirée stattfinden. Das Fest fiel entweder aus und wurde am 26. Mai neu angesetzt oder es wurde wiederholt.
In den Soiréen in jenen Tagen führte Strauss auch ein „charakteristisches Tongemälde“ von Carl Haslinger mit dem Titel „Die 3 März-Tage“ und ein der medizinischen Legion gewidmeter Marsch eines Herrn Groß auf, wie auch sonst die neue Epoche ein eigenes Genre von Musik, nämlich „Garde-Klänge“ und „Studenten-Märsche“ heraufbeschwor.
Ende Mai war Strauss Sohn wieder in Wien und trat, trotz den Barrikadenkämpfen am 26. Mai, bei einem Volksfest im Casino Zögernitz, vermutlich am 28. Mai erstmals nach mehr als sieben Monaten Abwesenheit in Wien wieder auf. Dabei trug er erstmals selbst in Wien seine rumänischen Kompositionen und Erstaufführungen, die „Martha–Quadrille“, die „Klänge aus der Walachei“, die „Marien-Quadrille nach rumänischen Themen“ und die „Annika-Quadrille“ vor und präsentierte auch neue Werke, den Walzer „Freiheitslieder“ und den „Revolutions-Marsch“, seine Opera 52 und 54.
Letzterer soll vom 1. Juli bis Anfang Oktober am Ende des Theaterstückes „Freiheit in Krähwinkel“ von Johann Nepomuk Netroy das alltäglich im Carl-Theater vor ausverkauftem Haus aufgeführt wurde, gespielt worden sein.
Am 2. Juni erreichten die Brünner Nationalgarden Wien. Mehrere Gardisten waren Gäste der großen musikalischen Soirée in den Gärten und Sommer-Sälen im Sperl am 3. Juni welches zu einem Verbrüderungsfest der National-Garde mit der akademischen Legion geriet. Strauss Vater spielte den glühenden „Rakoczy-Marsch“ offenbar mehrmals.
Sein Sohn brachte an der Universität Wien zur gleichen Zeit ein glänzendes Fackelständchen. In einem Brief an den Herausgeber und Redakteur der „Konstituation“ schreibt Strauss, „mit Vergnügen war ich dem Wunsche mehrere Studierenden erbötig das „Freiheitslied“ von Dr. Jur. J.H. Hirschfeld als Studenten-Marsch in Musik zu setzten und zwar umso mehr, als ich seit meiner Heimkehr in mein freies, nunmehr doppelt theures Vaterland mit der Idee umging, unsern Freiheitshelden den Studenten einen Zoll meiner Bewunderung und Verehrung durch eine Serenade darzubringen, die ich heute Abends um 10 Uhr vor der Universität mit meinem Orchester abzuahlten mir erlaube. Zur Exekutierung deses „Freiheitsliedes“ hat das Sängerpersonal des Nationatheaters seine bereitwillige Mitwirkung zugesagt, wobei dieses Theater sein rühmlichst zu erwähnender Herr Direktor Herr Pokorni die so oft an den Tag gelegte warme Theilnahme an der Sache der Freiheit und ihrer edlen Verfechter abermals bewähren. Die Partitur steht als Eigenthum der akademischen Legion derselben zur Disposition.
Schließlich erlaube ich mir, an alle Herren aus der akademischen Legion, die zur Verstärkung des Gesanges an demselben Theil zu nehmen wünschen, die Bitte sich zur Probe heute um 11 Uhr im Odeon einfinden zu wollen.
Zur Erleichterung des Einstudierens wird das „Freiheitslied“ unisono abgesungen und die Begleitung bleibt dem Orchester.
J. Strauss, Kapellmeister“.
Gegen Mitternacht zogen die National-Garden und Akademiker vom Sperl zur Universität und jubelten bis tief in die Nacht fort. Der „Studenten Marsch“ ist das Opus 56.
Das Theater an der Wien war also vorübergehend bereits in Nationatheater umbenannt worden. Das Odeon in dem morgens die Probe stattfand hieß damals nach einem Verbrüderungsfest der Studenten und Arbeiter ganz offiziell „National-Verbrüderungs-Saal“.
Am 10. Juni nahm Strauss Vater „unter Berücksichtigung dieses Zweckes“, nämlich zum Besten der hiesigen Arbeiter unentgeltlich an einem großen Volks-Fest im Nationalhalle-Garten in Fünfhaus, der vormaligen Bierhalle mit mehreren Künstlern, unter anderen auch Herr Dr. Franz Liszt der dem Feste entsprechend die Komposition eines neuen Arbeiterliedes übernahm, teil. Die Festgeber, die Garde der 8. Comp. der Techniker wurden kritisiert. Die Arbeiter bräuchten Arbeit keine Musik.
Überall in Wien häuften sich in dieser Zeit Verbrüderungsfeste.
Strauss Sohn nahm an einem „Burschen-Kommersch“, einem Verbrüderungsfest am 12. Juni in Hainbach teil an dem auch die Brünner und die Gratzer Burschen teilnahmen. Der Reinertrag war zur Uniformierung unbemittelter Nationalgarden bestimmt. Die Teilnehmer versammelten sich schon um 4 Uhr morgens auf dem Wasser-Glacis und marschierten nach Hainbach .
In Dommayer´s Casino blieb die Leitung vorerst noch bei Philipp Fahrbach.
Einer der beiden Kapellmeister Johann Strauss nahm an einem Verbrüderungsfest der Studenten der Medizin im Universum teil und erhielt am 16. Hierfür eine Danksagung.
Ebenfalls im Sommer entstanden weitere Werke von Strauss Sohn deren Uraufführungsdaten und die Orte nicht eindeutig nachgewiesen sind. Von dem Opus 55, dem Walzer „Burschenlieder“, den Herren Technikern gewidmet , sind weder Ort noch Datum des ersten Vortrages bekannt, die Scherz-Polka, besser Spott-Polka „Ligourianer-Seufzer“ das Opus 57 soll im Juni im Volkssängerlokal "zur blauen Flasche" in Ottakring (oder Neu-Lerchenfeld) oder nach anderen Quellen am 6. August in Zögernitz’s Casino erstmals aufgeführt worden sein.
Schon am 6. April vertrieben die Studenten die Redemptoristenpatres des Ligourianer-Ordens, die als reaktionär und habgierig verschrien waren und für Metternich’s Polizeiapparat Spitzeldienste geleistet haben sollen aus ihrem Kloster neben der Kirche Maria am Gestade.
Strauss Sohn schickte ihnen diesen „Seufzer“ hinterher. Die Polka mit der Katzenmusik gilt als kompositorisches Juwel.
Am 19. Juni veranstaltete die dritte medizinische Kompanie ein Verbrüderungsfest zu Ehren des k.k. Militärs im Sperl. Neben Strauss Vater war der Musik-Chor der Mediziner unter Kapellmeister Kosak, eine Liedertafel der akademischen Legion und eine Tänzergesellschaft beteiligt und man versprach sich einen der heitersten Abende. Ein ähnliches Verbrüderungsfest veranstaltete am 24. Juni die medizinische Legion, ebenfalls im Sperl und mit den gleichen Beteiligten. Das Fest endete mit einem Fakelzug und einer Serenade die Erzherzog Johann gebracht wurde. Dieser kam an diesem Tag in Wien an um als Stellvertreter des Kaisers bis zu dessen Rückkunft die Regierungsgeschäfte zu leiten.
Erzherzog Johann war ein Bruder von Kaiser Franz, also ein Onkel von Kaiser Ferdinand. Am 29. Juni 1848 wählte ihn die Frankfurter Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche mit 436 Stimmen (unter 548 Anwesenden) zum Reichsverweser und damit zum ersten von einem Parlament gewählten gesamtdeutschen Staatsoberhaupt. Vorgeschlagen worden war er von Heinrich von Gagern. Der Vorschlag fand breite Zustimmung: die Monarchisten stimmten zu, da er Fürst war, die Großdeutschen, da er Österreicher war, und die gesamte Versammlung sympathisierte mit ihm, da er ein Gegner Metternichs war.
Der Erzherzog wurde damit provisorisches Oberhaupt eines Staates, der erst entstehen sollte und der schließlich auf die geplante Weise auch nicht zustande kam. Nach dem Scheitern der Märzrevolution legte er das Amt Ende 1849 nieder.
Weitere Feste deren Ertrag für die Uniformierung unbemittelter Garden bestimmt war wurden veranstaltet, dasjenige am 4. Juli war zum Besten verschiedener Compagnien des Juristen-Corps bestimmt. Im k.k. Volksgarten war ein großes Gartenfest mit Strauss Vater und zwei anderen Musik- Chören und einem abschließenden Feuerwerk geplant. Das Fest mußte aber witterungsbedingt ausfallen und wurde einige Tage später, am 7. Juni veranstaltet. Das Fest brachte einen Reinertrag vom 360 fl. C.M. Den Spendern und uneigennützig persönlich Mitwirkenden, darunter Johann Strauss dankte Dr. Alex Heiler im Namen der Garde der V. Comp. des Juristen-Corps daher am 13. August in der Wiener Zeitung öffentlich.
Johann Strauss Sohn dürfte in der Regel bei den zahlreichen großen Studentenfesten im Sommer 1848 eines der mitwirkenden Orchester gestellt haben. Für ein solches Fest am 4. Juli sagte er zwar die Ausführung einer Ouverture und die präzise Ausführung eines Studenten-Liedes zu, allerdings war er in Verlegenheit, daß er dem ihm „so schmeichelhaften Wunsche hinsichtlich der Einrichtung einer Orchester Begleitung zu dem Studenten Liede“ nicht entgegen kommen konnte. In einem Brief an Georg Hellmesberger bedauerte er dies, denn er mußte in Geschäfts-Angelegenheiten am 3. Juli früh nach Ödenburg (das heutige Sopron) und kam wahrscheinlich erst im Laufe des Dienstages, dem 4. zurück. Um welche Art der Geschäfte es in Ödenburg ging oder von ein Konzert dort am 3. Juli ist nicht bekannt.
Den jeweiligen, schnell wechselnden Zeitereignissen angepaßt änderten sich auch die Namen der Feste. Im Juli als die provisorische Reichsregierung in Frankfurt eingesetzt und Erzherzog Johann zum Reichsverweser berufen war, hießen die Feste Volksfeste. Das große Volksfest für die deutsche Flagge am 13. Juli in Neulings Localitäten wurde „Alles für´s Vaterland, oder Oestreichs Triumph“ betitelt. Strauss Sohn mit zwei Musik-Chören, einem Männerchor und Dilettanten unterhielten die Gäste.
Strauss Vater war wahrscheinlich bei einem großen deutschen Volksfest am 15. Juli im Sperl beteiligt, dessen Betrag zur Uniformierung unbemittelter Garden verwendet werden sollte.
Ein wenig Normalität suggerierten die Ankündigung des Kirchweih- und Annenfestes in Kugler´s Bad-Casino zu Heiligenstadt. Strauss Sohn besorgte an beiden Tagen, dem 23. und 24. Juli sowohl die Ball- als auch die Theatermusik.
In Dommayer´s Casino nutzte man die Gelegenheit des Annentages und die Tatsache, daß die „allverehrte Frau“ des Erzherzog Johann Anna mit Vornamen hieß zu einem Fest. Anna Plochl war bürgerlich und wurde später zu einer Freifrau von Brandhofen und Gräfin von Meran erhoben. Ferdinand Dommayer, der in der Ankündigung seinen Namen mit dem Zusatz „Garde“ versah veranstaltete am 25. Juli ein großes Huldigungs-Fest dessen Reinertrag zur Unterstützung der tapferen Armee in Italien bestimmt war. Philipp Fahrbach trug wohl eben seine neuen Walzer in Wien vor während Feldmarschall Radetzky bei Custozza über die sardinischen Truppen siegte und so die österreichische Staatsmacht die Oberhand und die Lombardei zurück gewann.
Sicherlich waren die Verdienstmöglichkeiten für Musikdirektoren in dieser wirren Zeit nicht gerade gut. Daher dürfte es Johann Strauss Vater mehr als recht gewesen sien, daß er am 26. Juli ein großes Sommerfest auf dem Wasser-Glacis zu seinem Vorteil veranstalten konnte und durfte. Er komponierte dafür sein Opus 227 den „Marsch des einigen Deutschlands“, ein Militärmarsch und das Opus 232, den Walzer „Landesfarben“ der am Tag der Uraufführung noch im Sinne der Revolution nach deren Farben „Schwarz-Rot-Gold“ hieß.
Am 1. August wurden „die lieben Brünner Brüder“ mit einer großen Fest-Soirée in den Gärten und Sälen im Sperl zu Ehren der Brünner Nationalgarde verabschiedet. Strauss Vater, der neben der Musikbande der Brünner Garde und des Regiments Nassau die Musik abwechselnd executierte, dürfte wohl an diesem Abend sein Opus 231, den „Brünner Nationalgarde-Marsch“ erstmals präsenteirt haben. Das Datum der Erstausgabe ist unbekannt.
Strauss Sohn, der vermutlich im Sommer des Jahres 1848 regelmäßig bei nicht annoncierte Soiréen in Zögernitz´s Casino und bei sonstigen nicht angekündigten und nicht besprochenen Veranstaltungen spielte, reiste Mitte August in Begleitung der Wiener Nationalgarde und Studentenschaft kurz nach Brünn und präsentierte seinen „Brünner-Nationalgarde-Marsch“, sein Opus 58 den er auch dieser Garde widmete am 15. daselbst.
Am Freitag dem 4. August fand ein außerordentliches Reichstags-Fest im ganzen k.k. Volksgarten zu Ehren der anwesenden hohen Reichs-Versammlung unter der Bezeichnung „ Wiens schönste Zierde oder Sinnbilder österreichischer Macht" statt. Ein „Drittheil des Reinertrages“ war der k.k. Armee in Italien bestimmt. Möglicherweise fiel das Fest wegen Regens aus und wurde erst am 7. August veranstaltet oder es wurde am 7. wiederholt. Das Opus 247 von Strauss Vater, der erst posthum im Druck erschienene Walzer „Deutsche Jubellaute“ soll am 7. August uraufgeführt worden sein.
Für den gleichen Tag war auch das traditionelle Fest am Wasser-Glacis vor dem Carolinen-Thore „zum Vortheile des Waisenhaus-Fondes“, dieses Jahr aber nur in Form einer Abendunterhaltung und nur von 6 Uhr bis 11 Uhr geplant. Zwei teilnehmende Orchester sollten das Vergnügen der sicher nicht zahlreich teilnehmenden Menschenfreunde erhöhen.
Radetzky hatte inzwischen mit seinen Truppen die Lombardei und Mailand wieder eingenommen und Kaiser Ferdinand kehrte am 12. August nach Wien zurück und nahm seinen Sommer-Wohnsitz auf dem Lustschloß in Schönbrunn.
Prompt veranstaltete Herr Franz Joseph Kolb, der Secretär des Vereins zur Erhaltung des Kinderspitals zum heiligen Joseph und langjährige Arrangeur von Festen zum Besten des allein nur für Kinder armer Eltern unentgeltlichen Kinderspitales zum heiligen Joseph auf dem Schaumburgergrunde ein außerordentliches National-Fest „als Feyer der bedeutungsvollen Rückkehr unseres constitutionellen Kaiser Ferdinand nach Wien“ am 18. August im k.k. Volksgarten. In diesem Jahr widmete er ein Drittel des Reinertrages zur Unterstützung unbemittelter National-Garden des VII. Bezirkes. „Herr Johann Strauss, k.k. Hofball-Musikdirector, noch eine Musik-Capelle, ein Sängerchor und ein Feuerwerk vom Herrn Anton Stuwer, k.k. Hof- und Kunstfeuerwerker werden dieses Fest verherrlichen“.
In Dommayer´s Casino wurde das Ereignis mit einem Jubel-Fest gefeiert bei dem das neu errichtete National-Musik-Corps unter Leitung ihres Herrn Capellmeisters Philipp Fahrbach spielte.
Dem Fest im k.k. Volksgarten war ebensowenig Glück beschieden wie dem scheidenden Kaiser. Das Fest fiel sowohl am 18. wie auch am 22. aus und konnte letztendlich erst am 29. August stattfinden.
Offenbar erlitt auch das „alljährig bekannte und beliebte Tiroler-National-Fest mit Ball an dem so beliebten Erlustigungsorte am grünen Berge nächst Schönbrunn“, dem Tivoli am 17. August das gleiche Schicksal. Es wurde am 19. August veranstaltet. Ob Johann Strauss Sohn wie alljährlich die Musik leitete oder nicht wurde nur auf den großen Anschlagzetteln mitgeteilt und von diesen ist keiner zugängig.
Unmittelbar danach dürfte Johann Strauss Sohn wenig Gelegenheit zur Ausführung von musikalischen Unterhaltungen mehr gehabt haben, denn er war zum Wachdienst im Commando des zweiten Bezirkes eingeteilt. Sein Bruder Eduard, der damals 13 Jahre alt war, spottete in seinen „Erinnerungen“ 58 Jahre später über seinen Bruder:
„ Während der Abwesenheit meines Bruders (in Bukarest) waren die Bürger-Regimenter in der Nationalgarde aufgegangen. Das Regiment, dem er als Capellmeister angehörte, „die Decreter“ –nach Wien zuständige Gewerbsleute, welche das Bürgerrecht noch nicht erlangt hatten - löste sich auf und Johann candidirte um die gleiche Stelle bei der Leopoldstädter Nationalgarde. Zuerst musste er aber als Gardist ohne Charge eintreten und einen Wachdienst machen. Dieser traf ihn unglücklicherweise am 22. August. ............................ Um zwei Uhr nachmittag wurde der „Schnarr-Posten“ vor dem Comando des zweiten Bezirkes mit dem Gardisten Strauss besetzt“.
Als dann der Befehl einlangte Alarm zu schlagen weil eine Emeute der Arbeiter ausgebrochen sei und die Garde die Behörden bei der Unterdrückung der Crawalle zu unterstützen hätte und nach einer Stunde die Meldung kam, die Polizei-Commisäre und die Municipalgarde seien außerstande, die vom Prater aus eindingenden Arbeitermassen aufzuhalten und die Unterstützung der Nationalgarde erbäten wurden zwei Compagnien dahin abgesandt.
„Indessen stand der Gardist Johann Strauss vor dem „Wachhaus“ – und mitten in seine einsame Stille fuhr ihm wie ein Blitz der Gedanke: Wie, wenn jetzt aus der Lilienbrunn- oder Karmelitergasse ein Trupp Arbeiter daher käme? Da wärst du verloren! Ah, Sauve, qui peut! Im Nu stand das Gewehr in dem Schilderhaus und der tapfere Gardist eilte, mit Bajonettscheide und Cartouche „bewaffnet“, beflügelten Fußes ins „Hirschenhaus“, dessen Tor am Karmeliterplatz fünf Schritte vom Gemeindeamt entfernt lag.“
Strauss Vater erschien noch bis Anfang September in den Gärten und Sommer-Sälen der Localitäten Wiens. So bei der großen Fest-Soirée verbunden mit einem wohltätigen Zweck in der National-Halle außerhalb der Mariahilfer Linie am 21. August, zusammen mit der neu errichteten Kapelle Fahrbach, sowie zur Kirchweih in Unger´s Casino und Promenadegarten, wo er außer zu der Sonntags-Soirée auch zu einem Gartenfest mit Ball am 28. August erschien. In seinen Soiréen führte er mit größtem Beifall auch die Variation über das beliebte Fuchslied von Franz von Suppé und das charakteristische Tongemälde „Der Traum eines deutschen Jünglings“ von Carl Haslinger, dem Sohn seines Verlegers Tobias Haslinger auf. Und schließlich erschien er am 31. August bei dem großen imposanten Sieges-Fest „zu Ehren unserer tapferen Armee in Italien und zur Unterstützung der verwundeten Krieger“ am Wasserglacis. Im Kaffeehaus führte Strauss Vater sein Opus 228 den „Radetzky-Marsch zu Ehren des großen Feldherrn“, der k.k. Armee gewidmet erstmals auf. Jenes Werk das auch 165 Jahre später weltweit als sein populärstes Werk gilt und sicherlich jedes Jahr zig tausendfach gespielt aber definitv am 1. Januar jedes Jahres als letzte Zugabe das Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker im goldenen Saal des Musikvereines in Wien erklingt und von mehr als 50 Millionen Menschen weltweit in inzwischen 90 Ländern gehört wird. Die wenigsten wissen in welch trauriger Zeit und aus welchem Anlaß das Werk entstand.
Ab September verstummten dann für einige Wochen die Instrumente der Musiker und es war nur mehr Kriegslärm in Wien zu hören.
Am 23. August wird im Prater eine friedliche Demonstration von Notstandsarbeitern, an der auch zahlreiche Frauen und Kinder teilnehmen und die noch dazu bereits in Auflösung begriffen ist, von Sicherheitswachen und Nationalgarden blutig auseinandergetrieben. Die Arbeiter, die bei öffentlichen Notstandsbauten beschäftigt wurden, um die Zahl der Arbeitslosen zu verringern, haben gegen eine Lohnkürzung der Frauen und Jugendlichen durch Arbeitsminister Schwarzer protestiert. Die „Praterschlacht“ forderte insgesamt 22 Tote und über 300 Verwundete. Nicht zuletzt in Zusammenhang damit beschloß der Sicherheitsausschuss seine Selbstauflösung. Die Revolution war an einer Wende angelangt, von der an die gegnerischen Kräfte langsam an Boden gewannen. Die bisherige gemeinsame Front aus Studenten, Arbeitern und Nationalgarde ist zerbrochen. Das Bürgertum fällt in zunehmenden Maß ab, da es bereits seine Hauptziele erreicht hat. Arbeiterunruhen ereigneten sich auch in anderen industriellen Zentren; selbst in Ungarn begehrten die Landarbeiter auf. Mittlerweile führte der Reichstag seine Beratungen zur Ausarbeitung einer Verfassung fort, entfernte sich jedoch dabei immer mehr von den Grundlagen des langsam wieder aufstrebenden monarchischen Prinzips. Die sich krisenhaft zuspitzende Lage in Ungarn wirkte auf Österreich zurück, am 6. Oktober kam es in Wien wieder zu Kämpfen, und mit der Oktoberrevolution in Wien fand die Revolution in Österreich ihren Höhepunkt.
Als am 6. Oktober 1848 kaiserliche österreichische Truppen von Wien aus gegen das aufständische Ungarn ziehen sollten, versuchten die mit den Ungarn sympathisierenden Wiener Arbeiter, Studenten und aufständischen Truppen den Abmarsch zu verhindern. Den Auftakt zur Wiener Oktoberrevolution markierte die Meuterei eines Grenadierregiments in der Arbeitervorstadt Gumpendorf, das den Befehl zum Auszug missachtete und die Einrichtungen seiner eigenen Kaserne beschädigte. Die Akademische Legion und Teile der bürgerlichen Nationalgarde schlossen sich den Revoltierenden an. Generalmajor Hugo von Bredy war mit der Führung einer kaiserlichen Gegenwehr beauftragt. Sein Versuch, die Bögen der beschädigten Taborbrücke, die von den Aufständischen zur Errichtung von Barrikaden verwendet worden waren, durch Pioniere wieder instandsetzen zu lassen und somit den Abmarsch der Truppen nach Ungarn zu ermöglichen, scheiterte: In einem Gefecht mit den Aufständischen verlor Bredy sein Leben und die regulären Truppen waren gezwungen, sich angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit der Gegenpartei zurückzuziehen. Im Folgenden kam es zu weitreichenden Straßenkämpfen in der Wiener Innenstadt, wobei selbst im Stephansdom Menschen umkamen. Kriegsminister Graf Baillet von Latour, der den Abmarsch der Truppen befohlen hatte, wurde von der aufgebrachten Volksmenge gelyncht.
Nachdem den Aufständischen die Eroberung des ergiebigen Zeughauses gelungen war, verließ das kaiserliche Militär die Stadt, sodass Wien in der Hand der Revolutionäre war. Der Hof floh mit Kaiser Ferdinand noch am 7. Oktober mit dem Hofzug nach Olmütz. Lokführer war der nach den Engländern erste deutschsprachige Lokführer der Monarchie Carl Grundmann. Der Reichstag wurde am 22. Oktober nach Kremsier (Kroměříž) verlegt.
Unter der Führung der Generäle Alfred I. Fürst zu Windisch-Graetz und Graf Joseph Jelačić von Bužim begann am 26. Oktober österreichisches und kroatisches Militär mit der Beschießung Wiens. Die Verteidiger führte der polnische General Josef Bem. Nachdem am 30. Oktober eine 25 000 Mann starke ungarische Armee, die sich nach langem Zögern entschlossen hatte, den Wiener Aufständischen zur Hilfe zu eilen, in der Schlacht von Schwechat vernichtend geschlagen worden war, eroberten die kaiserlichen Truppen am 31. Oktober die Innere Stadt. Wenzel Messenhauser, ein bedeutender Anführer der Aufständischen, die Journalisten Alfred Julius Becher und Hermann Jellinek sowie der dem linken Flügel der Liberalen (Demokraten) zugeordnete Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung Robert Blum wurden in den darauf folgenden Tagen hingerichtet. Blums Exekution am 9. November 1848, gegen die sich Windisch-Graetz ausgesprochen hatte, war ein klares politisches Signal des österreichischen Ministerpräsidenten Felix Fürst zu Schwarzenberg an die deutsche Nationalversammlung und spiegelte abermals die realpolitische Machtlosigkeit der Paulskirchenversammlung wider: Blum, der als Abgeordneter de iure parlamentarische Immunität besessen hatte, wurde de facto ohne Zustimmung, ja sogar ohne Befragung der Nationalversammlung hingerichtet. Insgesamt waren bei den Kämpfen rund 2000 Menschen gefallen.
Die Errungenschaften der Märzrevolution gingen zum größten Teil verloren und Österreich trat in die Phase des Neoabsolutismus ein. Als wichtige Ergebnisse der Revolution blieben aber die Bauernbefreiung und die Demokratisierung der Kommunalverwaltung.
Deren Niederschlagung brach jedoch den revolutionären Impetus, auch wenn sich das aus der Revolution entstandene konstitutionelle Element noch einige Zeit hielt. Der Reichstag versammelte sich in Kremsier, wo er im Winter 1848/49 die Verfassungsberatungen weiterführte und nahezu abschloss (Kremsierer Reichstag). Am 7. März 1849 wurde der Reichstag aufgelöst und von Kaiser Franz Joseph I., der nach dem Rücktritt seines Onkels Ferdinand I. am 2. Dezember den Thron bestiegen hatte, eine neue, zentralistische, auf dem Boden des monarchischen Prinzips stehende Verfassung oktroyiert. Der Auflösung des Reichstags folgten keinerlei revolutionäre Aktionen. Zu einer solchen kam es lediglich im Mai 1849 in Prag, sie blieb jedoch isoliert und wurde rasch niedergeschlagen. Mit der Kapitulation in Ungarn und Venedig im August und September 1849 endete die Revolution in Österreich endgültig. Ihre besonderen Kennzeichen und zugleich die Gründe ihres Scheiterns waren das Fehlen einer programmatischen Konzeption, einer zielbewussten Führung sowie von Persönlichkeiten, die die gewonnenen Rechte und Freiheiten zu verteidigen imstande waren. Dazu kam, dass sich die bürgerlich-liberalen Kreise und die Bauern bald von der revolutionären Masse in Wien distanzierten. Dennoch machte die Revolution den Weg zu einer Verfassungsänderung frei, und nach einer Periode des Neoabsolutismus erhielt in den 60er Jahren die Habsburgermonarchie eine konstitutionelle Verfassung. Das wichtigste unmittelbare Ergebnis der Revolution war die Bauernbefreiung und damit die Schaffung einer einheitlichen, die gesamte Bevölkerung umfassende Staatsbürgergesellschaft, weiters die Auflösung der feudalen Struktur, die mit einer Modernisierung des Verwaltungswesens mit Gemeinden, Bezirksverwaltungen und einem staatlichen Gerichtswesen verbunden war.
Joseph Graf Jelačić von Bužim zeitgenössisch oft auch Jellachich oder Jellacic geschrieben, der der kroatischen Adelsfamilie Jelačić aus Bužim entstammte war ein kroatischer Feldherr und Ban (Vizekönig) sowie k. k. Feldzeugmeister und Kommandeur des Maria Theresien-Ordens. Er befehligte in der österreichischen Revolution zusammen mit Alfred I. Fürst zu Windisch-Graetz die Niederschlagung des Wiener Oktoberaufstands. Er erklärte im September das mehrheitlich kroatisch bewohnte Međimurje für von der ungarischen Herrschaft „befreit“. Der Ban rückte nun mit seiner Armee nach Székesfehérvár (Stuhlweißenburg), und von dort am 29. September weiter vor. Bei Velence (Velencze) kam es zu einem ernsten Zusammenstoß mit den Ungarn, worauf sich diese gegen Pest-Ofen zurückzogenDer Ban rückte weiter vor, bis er bei Pákozd (südwestlich von Budapest) wieder auf die Aufständischen stieß. Ein mehrstündiges Gefecht endigte mit dem Abschluss eines dreitägigen Waffenstillstandes.
Theodor Graf Baillet de Latour k.k. Geheimer Rat, Kämmerer, Offizier (Feldzeugmeister) und Kriegsminister. wollte die Truppenbewegungen des kroatischen Adligen und österreichischen Generals Joseph Jellačić unterstützen und diesem ein Wiener Bataillon schicken, das gegen die aufständischen Ungarn kämpfen sollte. Aufrührerische Teile der Wiener Bevölkerung versuchten dies zu verhindern und erstürmten das k.u.k. Kriegsministerium Am Hof, wobei Latour gelyncht und anschließend an einer Straßenlaterne aufgehängt wurde. Dieses Vorgehen wurde von den Aufständischen in der Wiener Oktober-Insurrektion insofern verallgemeinert, indem man das Wort „laternisieren“ erfand und es auf weitere Personen anzuwenden drohte.
Der Anschlag vom 6. Oktober führte zur Abreise des kaiserlichen Hofes aus Wien nach Ölmütz und markiert den Beginn des Wiener Oktober-Aufstands.
Über Wien wurde am 17. Oktober der Ausnahmezustand verhängt, am 19. verspricht Kaiser Ferdinand die Wahrung der Bürger- und Menschenrechte, am 20. stellt Windisch-Grätz ein Ultimatum an die Aufständigen, am 26. erfolgt die Umzingelung Wiens durch Fürst Windisch-Graetz, Wien befindet sich im Belagerungszustand, am 28. erfolgt der Generalangriff, an 30. wird die Kapitulation verkündet und die Niederlegung der Waffen gefordert. Am 31. erfolgt die Einnahme Wien nach heftigem Bombardement, die Seressaner unter Jellacic erhalten die Ordnung aufrecht, in der Nacht vom 29. auf dem 30. brennt der Odeon Saal nieder.
Josef Strauss gehörte der Akademischen Legion an welche zur Zeit der Deutschen Revolution 1848/49 ein studentisches Freikorps war. Die bewaffneten Korps formierten sich zur Unterstützung und Erweiterung der Bürgerwehren in mehreren Universitätsstädten des Deutschen Bundes. Größere Bedeutung erlangte die Akademische Legion zu Wien, die im März 1848 aus Studenten der Universität und des Polytechnischen Instituts zusammentrat und der sich später die Wiener Künstler anschlossen. Die Legion bestand aus Corps der drei Fakultäten der Universität, nämlich Juristen, Mediziner und Philosphen sowie aus den Technikern des Polytechnikums der sich Josef zugehörig fühlte und der Akademie der bildenden Künste. In den Listen erscheint der Name Josef Strauss allerdings nicht.
Über Josef erinnert sich Eduard:
„Auch mein Bruder Josef fand sich am 6. October nachmittags am Sammlungsorte
der academischen Legion, der er als Techniker angehörte, ein und marschierte mit
dieser zum Tabor, wo er in der Feuerlinie des Regimentes Nassau zu stehen kam.“
Vater Strauss versuchte Josef für die orthodoxe militärische Laufbahn zu bestimmen, doch der widersetzte sich dem Willen des Vaters und schrieb ihm am 23. Dezember einen lagen Brief:
Josef musste seine Studien am Polytechnikum wegen der Kampfhandlungen unterbrochen haben, zumindest mussten im Oktober 1848 die Prüfungen abgesagt werden und danach war im Polytechnikum für ein Jahr Militär einquartiert und es konnten keine Vorlesungen abgehalten werden, höchstens vielleicht der Zeichenunterricht bei Perger . Josef´s Augen sollen angeblich den Anstrengungen der Bauzeichnertätigkeit nicht gewachsen gewesen sein und er versuchte sich mit Erteilung von Nachhilfestunden und der Herstellung von Lernbehelfen zumindest teilweise selbst zu finanzieren.
Auch darüber wie die Familie Strauss die Tage erlebte informierte uns Eduard Strauß in seinen „Erinnerungen“:
„Meine gesamte Familie, sowie viele andere Bürgerfamilien – im Ganzen an die
1000 Personen – wurden bei der Eröffnung des Bombardements der
Leopoldstadt vom Prior der barmherzigen Brüder, P. Auremundus Jahn,
gastlich aufgenommen und in liebevollster Weise verpflegt.“
Am 1. November verlies Mutter Strauss das Kloster um nachzusehen, ob die Mobilgardisten bei der Flucht aus der Brigittenau nichts hatten mitgehen lassen. Dabei seien ihr und der Magd fünf Grenadiere eines polnischen Regimentes entgegen gekommen die nach Studenten suchten. Doch weder die Legionärs-Uniform Josefs noch die Gewehre Johanns und Josefs sowie dessen Freundes und Collegen Pollak fanden sie. Nachdem Mutter Strauss ihnen drei Silber Zwanziger (alter Conventionsmünze) zusteckte gaben sie die Suche auf und zogen ab.
Karte mit der Lage des Hirschenhaus und des Kloster der Barmherzigen Brüder unweit des Ortes der meisten Brände. Der Odeon-Saal wurde von Grenadieren eines polnischen Regiments in Brand e
Das musikalische Wien war in dieser Zeit völlig verstummt. Strauss Vater ließ sich zuweilen im Belvedere hören und Kapellmeister Kosak auf dem Univeritätsplatz. Bei einer Produktion am 20. Oktober spielte Strauss im Lager am Belvedere als k.k. Hofball-Musikdirector sogar die Marseillaise ohne Verräter gescholten zu werde und den Rakoczy-Marsch zu Ehren der anwesenden ungarischen Armee. Im Volks- und Paradiesgarten, am Wasserglacis, im Sperl , beim Sträußl, grünen Thor und den sieben Churfürsten und allen anderen Localitäten in dem belagerten Wien fanden keine Unterhaltungen statt-
Das Odeon wurde während der Revolution zum Schauplatz von Volksversammlungen und im Verlauf der Auseinandersetzungen wurde es zu einem Notspital für Soldaten der Bürgerwehren. Am 28. Oktober tobten die Straßenkämpfe und die Aufständischen bemächtigten sich des Gebäudes. Es befanden sich Ende Oktober mehrere hundert Soldaten verschiedener Regimenter in dem Tanzsall die aus den Fenstern auf die Soldaten schossen. Der folgende Schusswechsel setzte das Gebäude in Brand. Binnen weniger Stunden lag es in Schutt und Asche . Das Universum und Unger´s Casino nächst der Hernalser Linie waren ebenso zerstört wie das Palais Colowrat, ein Nebengebäude des Gloggnitzer Bahnhofes und fast die ganze Franzensbrückengasse in der Leoplodstadt, wobei beim Unger ab spätestens 10. Dezember bereits wieder Converstation stattfanden bei denen Philipp Fahrbach die Musik leitete.
Das Odeon wurde nicht wieder aufgebaut.
Die erste große musikalische Nachmittags-Unterhaltung mit dem k.k. Hofball-Musikdirector Johann Strauss im Salon des k.k. Volksgarten nach der Einnahme Wiens und langen, bangen Wochen fand am 19. November statt und 1000 Gäste waren anwesend. Wahrscheinlich fanden diese Unterhaltung ab dann wieder jeden Sonntag statt. Auch in den Sälen zum grünen Thor begannen die Conversationen unter der Leitung von Philipp Fahrbach wieder. Auch die Theater öffneten wieder und der Besuch, vor allem durch die Herren Offiziere war gut, auch deshalb, weil der Kaiser elf Zwölftel ihres Eintrittspreises durch die Dotation deckte.
Strauss Sohn fand in diesen Tagen wohl auch wieder Beschäftigung. Er führte am 3. Dezember die Musik bei einer Soiree „beim grünen Thore“ aus, spielte dabei auf Verlangen des Publikums die Marseillaise und bekam prompt Ärger. Am 6. Dezember wurde er in die Stadthauptmannschaft geladen und vernommen. Mit diplomatischem Geschick gab er zu Protokoll:
„Es ist allerdings wahr, daß ich während der am 3. dieses Monaths beim grünen Thore abgehaltenen musikalischen Abend-Unterhaltung die Marsellaise gespielt habe und sogar zweymal wiederholen mußte. Die Sache hat sich folgendermaßen zugetragen. Wie sich von selbst versteht, ist es mir ganz gleichgültig in Beziehung auf politische oder National-Interessen, welche Stücke ich aufzuführen habe, weil bei mir jede Nummer am Repertoire ist und nur als Ausfüllstück dient. Doch sagt mir mein politischer Takt, daß ich bei dieser schwer bewegten Zeit und besonders während des Belagerungs-Zustandes alle Piecen zu vermeiden habe, welche irgendeine politische Aufregung erregen oder Nationalsimpatien berühren. Aus diesem Grunde spiele ich aus eigenem Antriebe jetzt gar nie dergleichen Musikstücke.
Doch gibt es Orte, wo man gar nicht genue in diese Beziehung ausweichen kann, und wollte man das Verlangen des Publikums nicht befriedigen, so steht zu befürchten, daß man vielleicht einen Exzeß provoziert, welcher viel bedeutender und unangenehmer wäre, als wenn man dann und wann nothdegrunden dem Verlangen des Publikums nachgibt.
So geschah es auch bei der Soiree am 3. d. beim grünen Thore. Zuerst verlangte ein Theil des Publikums das Lied „Das deutsche Vaterland“. Um auszuweichen, ließ ich die Volkshymne aufführen und die Sache legte sich.
Später wurde die Marseilaise verlangt, was ich wiederholt ablehnte. Da ich mich diesfalls immer mehr und heftiger gedrungen wurde, und ich anderweitiges Aufsehen oder einen Exzeß fürchtete, mußte ich nachgeben, und dieselbe sogar wiederholen. Sie wurde stark applaudiert, aber auch ausgezischt. Das Fuchslied ist gar nicht verlangt worden, und wurde auch nicht gespielt.
Ich werde mich zwar wie bisher besonders hüthen, ähnliche Piecen vorzutragen, muß aber bitten, daß wenn ein diesfälliges Verboth streng gehandhabt werden soll, wir als Musikdirektoren vor Insulten und Exzessen durch eine Inspektionswache geschützt werden, weil unsere Weigerung, dies oder jenes nicht zu spielen, nach Beschaffenheit des oft sehr gemischten Publikums nicht hinreicht,
Dieses mir vorgelesene Protokoll ist der Wahrheit und meiner Aussage voll gemäß aufgenommen.
Strauss Sohn“
Das der junge Musikdirektor genau am Tag nach der Intronierung des jungen Kaisers Franz Joseph I. die Marseillaise, die Hymne vieler Freiheitsbewegungen und auch der Arbeiterbewegung spielte wurde lange als Zeichen seiner Gesinnung angesehen und sollte ihm lange nachgetragen werden.
Der zuvor als Erzherzog Franz bekannte 18-Jährige nahm als Kaiser 1848 auf Vorschlag seiner Berater seinen Doppelnamen an, der an zwei bis heute geläufige Habsburger erinnerte: Franz I. war seit 1804 der Name des konservativen, bis 1835 regierenden Gründers des österreichischen Kaiserstaates und ersten Kaisers von Österreich (er war als Franz II. bis 1806 wie seine Vorgänger Kaiser des Heiligen Römischen Reichs). Der seit 1765 mitregierende und 1780–1790 allein regierende Joseph II., ein Sohn Maria Theresias, war der reformfreudigste Habsburger aller Zeiten. Der Doppelname signalisierte somit politisch zugleich Beständigkeit und Fortschritt.
Franz Joseph K(C)arl von Habsburg wurde am 18. August 1830 als Sohn von Erzherzog Franz K(C)arl, dem jüngeren Sohn von Kaiser Franz I., und Prinzessin Sophie von Bayern in Wien geboren.
Nach der Niederschlagung der deutschen Märzrevolution und weiterer Revolutionen von 1848/49 waren große politische Veränderungen erforderlich, die Monarchie sollte ein neues Gesicht erhalten. Daher entsagte sein Onkel Ferdinand I., der aus Krankheitsgründen die Regierung einer Staatskonferenz überlassen hatte, am 2. Dezember 1848 dem Thron. Erzherzog Franz Karl, Franz Josephs Vater, verzichtete, wie im Familienrat vereinbart, auf die Thronfolge. Franz Joseph I. wurde daher bereits mit 18 Jahren neuer Kaiser von Österreich. Da der Hof wegen des Oktoberaufstandes noch immer auf der Flucht war, erfolgte die Krönung am 2. Dezember 1848 in kleinem Kreis im Palast des Erzbischofs von Olmütz. Von Anfang an sah Franz Joseph seine Hauptaufgabe darin, eine weitere Revolution zu verhindern, und stützte sich dabei hauptsächlich auf das Militär (Armee und Kriegsmarine) und die römisch-katholische Kirche. Kaum eine Darstellung zeigt ihn anders als in der Uniform des Obersten Kriegsherrn. Der erzkonservative „rothosige Leutnant“, wie er von Kritikern bezeichnet wurde, war in seinen ersten Regierungsjahren keineswegs beliebt.
Die aus heutiger Sich gute alte Kaiserzeit, die 68jährige Regierungszeit von Kaiser Franz Joseph begann er als Militärdiktator in der über Wien jahrelang der Belagerungszustand verhängt war und seine ersten Amtshandlungen darin bestanden unzählige Todesurteile zu unterzeichnen durch welche politisch unerwünschte Personen aus dem Weg geräumt wurden. In den ersten Regierungsjahren wurde ein polizeilischer Überwachungsapparat installiert gegen den die Metternich´sche Spitzelagentur eine biedermeierliche Idylle war.
Strauss Sohn leitete nun auch wieder die Musik bei Soiréen in Dommayer´s Casino und er hatte einige neue Werke komponiert die er in der Adventszeit der Reihe nach präsentierte. Am 8. Dezember „beim Dommayer“ das Opus 59, die „Quadrille nach Motiven von Halévy's Der Blitz“ die bereits am 6. Dezember als erstes Werk nach mehr als zweijähriger Unterbrechung bei Mechetti im Druck erschienen war, danach entweder am 6. oder am 14. Dezember das Opus 60, die „Geisselhiebe-Polka“ im Lokal >zum grünen Thor< und am Stephanstag, dem 26. Dezember das Opus 61, die „Neue Steirische Tänze“ wieder „beim Dommayer“.
Die reaktionäre Zeitung "Die Geissel" hatte Strauss Sohn wegen dem Vorfall am 3. Dezember bei der Soirée "zum grünen Thor" attackiert. Dessen mutige Antwort war seine „Geisselhiebe-Polka“ in der er Zitate der Marseillaise und des Fuchsliedes mit einem Spottchor-Motiv verwob und damit ein kleines Meisterstück schuf.
Und prompt tauchten auch die alten Vorwürfe gegen Strauss Sohn wieder auf, er würde den Vater als Komositeur arg plündern und es mit dem „Heilig ist das Eigentum“ nicht sehr genau nehmen.
Auch in Lobesartikeln auf Strauss Vater wird der Sohn kritisiert. Mit den anderen Kapellmeistern, „die nur immer die „Marseillaise“ produzieren möchten“ ist sicherlich der Sohn gemeint. Wesentlich positiver schrieb der Korrespondent „G“des „Wanderer“ am 28. Dezember, den ein Zufall oder die Langeweile zu Dommayer nach Hietzing und die „sogenannte Reunion“ von Strauss Sohn, eine musikalische Produktion mit Konversation und obligatem Tabackqualm, führte.
Auch wenn er, nachweislich falsch, die Zeit des Walzer als vorbei betrachtete und vorschlug eine Versorgungsanstalt für Musikdirektoren zu gründen da den Herren Kapellmeistern, Musikdirektoren und ihren Orchestermitgliedern das Nagen am Hungertuche in Aussicht stehen würde. Nur Strauss Vater nahm er als einzigen davon aus, weil er ein geniales Kompositionstalent hatte und von diesem Zweige des Kunstbaumes noch goldene Früchte pflücken dürfte.
Für den Fasching 1849 mag der Pessimismus begründet gewesen sein, alles andere kam aber anders als es Herr „G“ vorhersagte.
Das Jahr endete für Strauss Vater mit einer Nachmittags-Unterhaltung im Salon des k.k. Volksgarten und für den Sohn mit einer Conversation „im grünen Thor“ in der Rofranogasse.
Die Neuerscheinungen während der Revolutionswirren, die meisten davon Märsche waren:
Am 20. August erschien der „Marsch des einigen Deutschlands“ und am 3. Oktober der „Radetzky–Marsch“ Bei beiden fehlt sowohl in den Erstanzeigen in der Wiener Zeitung als auch auf den Titelblättern der Erstausgaben der Titel „k.k. Hofball-Musikdirektor“. Der Verleger druckte dagegen den Zusatz k.k. Hof- und priv. Kunst- und Musikalienhandlung.
21. September und 6. Dezember. Das erste Werk nach mehr als 2 Jahren wieder bei Pietro Mechettl qm Carlo der noch etwas ungeübt das Werk als Opus 58 ankündigt, obwohl es bereits das 59 Werk war.