1850
Das neue Jahr begann und es nahte der Fasching und in Wien gab es nur noch einen Kapellmeister und Musikdirector Strauss, was sich allerdings in einigen Jahren schon wieder ändern sollte.
Der 24 Jahre junge Johann Strauss behielt nicht nur die Leitung der Musik „beim Dommayer” und übernahm im Sperl und im k.k. Volksgarten, früher traditionelle Aufführungslokale seines Vaters, er zog auch in den Sofienbad-Saal ein. Das Odeon war ja im Verlauf der Straßenkämpfe um Wien am 18. Oktober 1848 von polnischen Soldaten in Brand gesteckt worden und war völlig aus- und niedergebrannt. Erst viele Monate später wurde wenigstens das angrenzende Wohnhaus wieder unter Dach gebracht. Der Saal wurde nicht wieder aufgebaut. Auf dem Arial entstanden später Wohnungen.
Im dem kurzen Karneval 1850 der nur bis zum 12. Februar dauerte, hatte Johann Strauss die wichtigsten Säle Wiens erobert.
Bis zu den ersten Bällen am 12. und 13. Januar spielte er nur an Sonn- und Feiertagen im k.k. Volksgarten und in Dommayer´s Casino. Am Sonntag den 13. Januar hatte Strauss nach der Nachmittags-Conversation abends gleich zwei Eröffnungs-Bälle.
Der Sofienbad-Saal wurde mit einem National-Ball, für Freunde heiterer Gesellschaft, bei dem die „Sofien-Quadrille”, das Opus 75 uraufgeführt wurde, eröffnet, und das „Eröffnungs-Fest im Sperl”, dessen renomierte Säle ein neues, glänzendes Gewand angezogen hatten. Dafür waren neue Walzer betitelt „Echte Sperlianer” angekündigt und ein Herr Rabinger war, wie in früheren Jahren für die Leitung der Tänze angekündigt. Samstags sollten dort Bonbon-Bälle abgehalten werden.
Über den National-Ball im Sofienbad-Saal liegen keine Annoncen vor. Ein Walzer „Echte Sperlianer” existiert nicht, aber möglicherweise handelt es sich bei dem Werk um den Walzer „Die Gemütlichen”, das Opus 70. Ob mit Herr Rabinger der Tanzleher Rabensteiner gemeint war ist nicht belegt.
Die Not war nach wie vor groß in Wien, der Winter war streng und Wohltätigkeit von Nöten. Herr Morawetz stellte daher am 16. Janaur seinen neu und brillant umgestalteten Sofienbad-Saal für einen Wohltätigkeits-Ball, dessen Reinertrag zu einem Viertel zur Anschaffung von Brennholz für wahrhaft bedürftige Familien in Wien bestimmt war zur Verfügung. Johann Strauss komponierte für das Fest seine Polka „Frohsinns-Spenden”, das Opus 73. Ein Titel Leidminderungs-Spenden wäre aber sicher angebrachter gewesen.
An einem der ersten Ballabende des Jahres ist wohl auch die „Attaque-Quadrille”, das Opus 76, entweder im Sperl oder im Sofienbad-Saal erstmals gespielt worden.
Ab dem 19. Januar fanden „beim Dommayer” in Hitzing vier Harmonie-Bälle, ein Subscriptions-Ball und ein großer Fest-Ball statt.
Auch der Militär- und Civil-Gouverneur, General-Feldzeugmeister Freiherr von Welden rief zur Wohltätigkeit für notleidende Mitbürger auf und Johann Strauss und Johann Corti, der bürgerl. Kaffehsieder des k.k. Volksgarten folgten dem Aufruf und veranstalteten am 17. Januar eine Fest-Soirée dessen Reinertrag sie dem wohltätigen Zweck zuwendeten.
Der nächste glänzende Fest-Ball in beiden Sälen im Sperl fand am 19. Janaur zum Vorteil des Jellachich (Jelacic)-Invaliden-Fonds statt. Der geplante Bonbon-Ball wurde unter Berücksichtigung des edlen Zweckes auf den nächsten Samstag verschoben. Strauss dirigierte in dem einen, eine k.k. Regiments-Capelle im zweiten Saal, sodaß ununterbrochen getanzt werden konnte.
Nach dem Eröffnungs-Ball im Sperl lobte die Presse die prachtvolle Ausstattung der Lokalitäten, namentlich des Tanzsalon. Der Sperl, der seit einigen Jahren in jeder Beziehung vernachlässigt worden war, nahm durch die Tätigkeit des neuen jungen Pächters, Herrn Leopold Schönauer wieder die erste Stelle ein. Nur die Credenz, namentlich der Kaffee wurden kritisiert.
Am 22. Januar veranstaltete der Tanzlehrer Rabensteiner seinen Ball im Sperl. Sein Freund Strauss dirigierte die Musik, wie auch am 12. Februar als der Tanzlehrer noch einen Gesellschafts-Ball im gleichen Lokal veransltate.
Da die Leitung der allerhöchsten Bälle bei Hof durch den Tod von Strauss Vater vakant war, traute sich Johann Strauss Sohn ein Gesuch zu stellen um die Hof- und Kammerbälle leiten zu dürfen.
Die Leitung der Musik für den National-Ball am 20. Januar im Sofienbad-Saal, wie für zahlreiche weitere in diesem Karneval, in dem die Tanzsäle nur schwach besucht waren, wurde nicht angezeigt, vermutlich war es aber an diesem Abend und bei vielen weiteren Bällen ebenfalls Strauss.
Inzwischen hatte eine neue Kaffeehalle nächst dem Sommertheater am Braunhirschengrund eröffnet. Der Inhaber war Karl Schwender und die Strauss-Söhne sollten in den folgenden Jahrzehnten in seinen Lokalitäten die später von seinem gleichnamigen Sohn weiter geführt und ausgebaut wurden, nämlich in Schwender’s Colosseum und in der „Neue Welt” in Hietzing, bei zahlreichen Festen die Musik leiten. Nun also, 1850 veranstaltete Karl Schwender erstmals Bälle in der neu eröffneten Kaffeehalle. An Sonn- und Feiertagen leitete Kapellmeister Adam die Musik, am 23. Januar aber leitete Johann Strauss erstmals in diesem Lokal die Musik bei einem großen Ball. Diese Bälle fanden jeden Mittwoch statt.
Ob er auch bei dem ersten Mars-Ball am gleichen Abend in Sofienbad-Saal die Musik leitete ist nicht belegt.
Am 26. Januar fanden 3 Bälle gleichzeitig statt, und zwar der Harmonie Ball in Dommayer´s Casino, der bereits um Mitternacht endete und bei dem Strauss sicher die Musik leitete, der wegen dem Wohltätigkeits-Ball verschobene erste Bonbon-Ball im Sperl und der 1. Mille-fleur-Ball im Sofienbad-Saal, bezeichnet „Eine Mainacht im Winter. Am 28. fand im Sperl der Ball zum Besten des Armenversorgungshauses der Leopoldstadt und Jägerzeile statt wo während des Balles um Mitternacht eine komische Pantomime „Arlequin als Koch”aufgeführt wurde. Am 29. fand dann ein Fest-Ball zum Besten der Döblinger Kinderbewahr-Anstalt im Sperl statt. Bei allen Bällen im Sperl wurde kein Musikdirektor genannt. Nur am 30. Januar wurde Franz Morelly angekündigt, der nach mehrjähriger Frist nur auf kurze Zeit aus Pest in die Mauern seiner teuren Vaterstadt zurück kehrte und im Sperl einen großen Fest-Ball veranstaltete. Sein Bruder Ludwig leitete die Musik in den ganz neu erbauten Saal-Lokalitäten >zu den 3 Engeln< in der großen Neugasse auf der Neuen Wieden.
Belegt ist erst wieder, daß Strauss an dem Fest- und Dekorations-Ball unter der Bezeichnung "Ein Ball im Vesuv" mit imposanter, höchst origineller Ausstattung, bei großer Beleuchtung am 29. Januar im Sofienbad-Saal teilnahm. Den Ball veranstaltete er selbst und zu seinem Benefize und er komponierte dafür sein Opus 74 den Walzer „Lava-Ströme” den er abends uraufführte.
Auch in Kremser’s Localitäten am Währingerspitz und in den Sälen zum goldenen Strauss im Theatergebäude in der Leopoldstadt wurden Bälle zu wohltätigen Zwecken angekündigt, aber auch die dortigen Veranstalter nannten keine Musikkapellen.
Der 30. Januar könnte womöglich ein sehr beschäftigter Tag für Strauss gewesen sein. Es fanden ein Harmonie Ball in Dommayer´s Casino, ein glänzender Ball in Schwender’s Kaffehalle und der 2. Mars-Ball im Sofienbad-Saal von dessen Reinertrag wieder ein Teil zum Besten des Jelacic Fonds bestimmt war, statt. Außer der überraschend kriegerischen Ausstattung zu Ehren der tapferenn k.k. Armee fand auch die am Vortag beim Strauss Benefize im Sofienbad-Saal mit „außerordentlichem Beifalle aufgenommene imposante musikalisch plastische Prachtdarstellung unter der Bezeichnung „Ein Ball im Vesuv” wiederholt statt, wozu Herr Strauss in Berücksichtigung des wohltätigen Zweckes dieses Balles zu Gunsten des Jellachich-Invaliden-Fondes, die von ihm angeschafften Decorationen und Maschinerien zur Benützung bereitwillig überlassen hat”. Ob er auch die Musik dirigierte geht daraus nicht hervor. Vielleicht hat er sein Opus 76, die „Attaque-Quadrille” für diesen Ball komponiert, der Titel paßt zu diesem Fest besser als zu denen am 13. oder 16. Januar im Sperl und im Sofienbad-Saal die mitunter als Erstaufführungsdatum und –ort genannt werden.
Am 31. Januar erlitten die Bemühungen von Johann Strauss um Anerkennung bei Hof einen ersten einer Reihe von noch folgenden Rückschlägen. Sein Gesuch um die Leitung der Hof- und Kammerbälle wurde abgelehnt und stattdessen wurde Philipp Fahrbach berufen. Den großen Fest-Ball zum Vorteil der vier Invaliden-Fonds am 10. Februar im k.k. großen Redouten-Saale hat Franz Morelly veranstaltet und er hat auch die Musik dirigiert.
Auch wer die Musik bei den weiteren Bällen im Sofienbad-Saal leitete, nämlich am 2. Februar bei dem 2. Mille-fleur-Ball, am 3. bei dem Najaden-Ball, am 6. bei dem dritten und letzten Mars-Ball und am 10. bei dem National-Ball, ist nicht nachweisbar. Für einen Slaven-Ball hat Adolph Winter eine Beseda-Quadrille komponiert. In der Erstanzeige am 10. Februar erwähnt der Verlag H.F. Müller, daß der Capellmeister Johann Strauss diese bei dem Slaven-Balle im Sofienbad-Saal mit großem Beifall aufgeführt hat. Die Vermutung, daß der Slaven-Ball der National-Ball am 10. war läge nahe, aber dann wäre die Erwähnung des Verlages den Ereignissen vorweg genommen gewesen.
Für den Ball der Künstler-Gesellschaft Aurora, die sont einige Bälle in den Localitäten >zur Sonne< gab und heuer einen „Aurora-Ball” am 4. Febraur in den Sälen beim Sperl veranstaltete kündigte der Redakteur des Humorist, Herr Saphir an, daß Herr Strauss in Wirklichkeit und nicht bloß in der Anzeige die Musik leiten wird. Von den sonstigen Bällen im Sperl wissen wir es nicht mit Sicherheit. Sicher hat er aber die Musik bei seinem eigenen Fest-Ball im Sperl am 5. Februar gleitet.
Der Karneval endete am Faschings-Montag zur letzten Eröffnung mit einem großen Erinnerungs-Ball mit dem Titel „Strauss-Schwanengesang” für alle Freunde und Verehrer des dahingeschiedenen Meisters, bei dem in der Ruhestunde „Strauss letzter Gedanke” und der „Nachruf an Strauss” von Carl Haslinger in Begleitung einer „großen Octavin-Phisharmonica” im Sofienbad-Saal, vermutlich von Strauss Sohn, aufgeführt wurden.
Über die Fastenzeit hinweg hatte Johann Strauss, wie früher, an den Sonntag Nachmittagen die beiden Orchester im k.k. Volksgarten und in Dommayer’s Casino zu leiten.
Anfang März war die alljährliche Gefahr des Donauhochwassers wieder Realität geworden. Wesentlich schlimmer als Wien traf es aber das immer noch kriegsgeschüttelte Ungarn, vor allem die Stadt Raab. Aber auch in Wien waren die Donau-Gegenden und der Bezirk Leopoldstadt durch den Eisgang überschwemmt worden.
Johann Strauss reagierte umgehend und veranstaltete in den oberen neu decorierten Sälen zum Sperl am Samstag dem 2. März ein musikalisches Abendkränzchen, dessen ganzer Reinertrag zum Besten der durch die Überschwemmung in die dürftigste Lage versetzten Familien in dem Bezirke Leopoldstadt bestimmt war. Für die Bedürftigten seines Heimatbezirkes spielte er die gediegensten Tonpiecen von halb 8 bis 12 Uhr.
Am 16. März wirkte Strauss erneut bei einer wohltätigen Fest-Soirée im Sperl mit. Der Menschenfreund Joseph Retzl veranstaltete diese zum Besten eines verarmten Leopoldstädter Bürgers und erzielte bei 200 fl. C.M. Sogar die verwitwete Erzherzogin Palatin beteiligte sich. Nach manchen Quellen soll Strauss’es „Attaque–Quadrille”, das Opus 76 bei diesem Anlaß gespielt oder sogar uraufgeführt worden sein.
Und auch Carl Haslinger widmete sich der Wohltätigkeit und veranstaltete am 13. April eine musikalisch-deklamatorische Privat-Soirée im Salon >zur Sonne< auf der Wieden. Der Ertrag war zur Hälfte für die Armen dieses Bezirkes bestimmt. Strauss Sohn, der schon Ende 1849 Kontakte zu Haslinger hatte, sie hatten ja auch beide die Erinnerungsfeier an Vater Strauss mitorganisiert, soll an der Soirée teilgenommen haben. Die ersten Werke von Strauss im Verlag Haslinger erschienen allerdings erst eineinhalb Jahre später.
Am Tag nach der Soirée wurden die Sommer-Säle im Sperl mit einem Ballfest eröffnet. Strauss hatte nachmittgs schon zwei Conversationen im k.k. Volksgarten und beim Dommayer zu leiten. Die Bälle im Sperl fanden jeden Sonntag statt. Ab Mai kamen im Sperl auch noch samstags Soiréen hinzu.
Am 21. April begannen im Dommayer’schen Casino in Hietzing die Sommer-Reunions und Unterhaltungen mit einer Frühlings-Assemblée bei der Strauss Sohn überwiegend Werke des Vaters spielte. Alle Räume im Garten, den zwei Salons und das Kaffeehauses waren überfüllt. Die Assemblées fanden durch den Sommer hindurch jeden Sonntag und Donnerstag statt.
Allmählich kehrte Wien wieder zu einer Art vormärzlicher Normalität zurück. Herr Corti, der bürgerliche Kaffehhaus-Inhaber des k.k. Volks- und Paradiesgarten erlaubte sich in seiner Kaffehhaus-Anzeige bekannt zu machen, daß beide Kaffehhäuser von Früh bis Abends geöffnet sind, im Volksgarten-Salon täglich, auch bei ungünstiger Witterung, weil dieses Lokal vollkommen zum Verschließen ist und gegen alle widrigen Witterungseinflüsse schützt, das eigens engagierte Hausorchester Morgens und Abends das Publicum durch gute Musikproductionen zu vergnügen sich bestreben wird. Jeden Dienstag und Freitag fanden im k.k. Volksgarten Reunionen, die dann als Soiréen annonciert wurden statt bei denen das ganze Orchester des Capellmeisters Herrn Johann Strauss unter dessen persönlichen Direction mitwirkte. Größere Musik- uind Illuminationsfeste sollten in beiden Restaurations-Etablissements erhalten bleiben.
Herr Hembsch warb vorerst nur für seine Trink-Curanstalt am Wasserglacis. Sein Salon für Musikproduktionen war noch im Bau und wurde erst im September fertig.
Am 16. Mai zeigte der Verlag Haslinger Variationen des beliebten Radetzky-Marsches von Johann Strauss componiert von Joh. Horzalka im Druck an, tags darauf erschien bei H.F. Müller eine „Zweite Slaven-Quadrille” von Adam Winter die von Strauss Sohn mit großem Beifalle auf dem Slavenball in Wien aufgeführt wurde.
Ab dem 22. Mai übernahm Johann Strauss dann ein weiteres ehemaliges Lokal seines Vaters. Franz Burger kündigte große Soiréen des Herrn Capellmeister Johann Strauss >im großen Zeisig am Burg-Glacis< mit exakt der gleichen Annonce an die noch neun Monate zuvor die großen musikalischen Soiréen des k.k. Hofballmusik-Directors Herr Johann Strauss anzeigte.
Und damit füllte sich der Kalender des Herrn Capellmeister, ähnlich dem früheren des gewesenen k.k. Hofballmusik-Directors
Sonntag: Frühlings-Assemblée in Dommayer´s Casino
Großer Ball im Sperl
Montag: Sperl oder Kugler’s Park
Dienstag: Fest oder Soirée im k.k. Volksgarten
Mittwoch oder Donnerstag: Große Soirée im großen Zeisig am Burg-Glacis
Zunächst Donnerstag: Große Soirée in Dommayer´s Casino
Freitag: Fest oder Soirée im k.k. Volksgarten
Samstag: Soirée im Sperl
Am Dienstag den 4.Juni kündigte Corti das erste diesjährige Frühlings-Fest unter der Bezeichnung „Eine feurige Blumenflur” im k.k. Volksgarten an bei der Johann Strauss mit der Kapelle des Vaters und abwechselnd mit der Militär-Musikcapelle unter Capellmeister Reinisch angekündigt wurde. Beide Capellen zusammen sollen ein großes Walzer-Potpourri von Strauss betitelt „Tanz-Blumen-Mosaik” zum ersten Mal vorgetragen haben. Den Schluss soll eine besondere Augenweide gebildet haben. Näheres ist nicht bekannt. Das Fest ist möglicherweise ausgefallen, den es wurde am 7. Juni erneut angezeigt.
Beim nächsten großen Fest im k.k. Volksgarten am 25. Juni präsentierte Strauss sein Opus 77, den „Wiener Garnisons Marsch” zum ersten Mal.
An den sonst freien oder flexiblen Montagen spielte Strauss mitunter im Sperl oder in Kugler’s Park in Heiligenstadt. So am 1. Juli an dem er bei einem großen Gartenfest mit Ball in den Sommer-Localitäten des Sperl zusammen mit einer ungarischen National Musik Gesellschaft mitwirkte, oder am 8. Juli als er bei einem Sommerfest in Kugler´s Park in Heiligenstadt spielte und seine eigens dafür komponierte „Heiligenstädter-Rendez-Vous-Polka”, sein Opus 78 uraufführte.
Zwei Tage zuvor weihte der älteste Bruder von Kaiser Franz Joseph, Erzherzog Maximilian, der spätere tragische Kaiser von Mexiko seine Villa in „Maxing” ein. Strauss, der Hauskapellmeister des benachbarten Dommayer’schen Casino war eingeladen die Musik auszuführen. Er komponierte für diesen Anlaß seinen Walzer, die „Maxing-Tänze”, Opus 79. Sein Opus 80 die „Heski-Holki–Polka” wurde entweder ebenfalls bei diesem Anlaß oder später im Juli im Sperl uraufgeführt.
Am 10. Juli war in Dommayer´s Casino ein Dekorations- und Musik-Fest unter der Bezeichnung "Sinnbild kaiserlicher Huld oder vaterländische Ehren-Feier" geplant für das Strauss immer noch „mit Kapelle des Vaters” und zusammen mit einer Regiments-Musik angekündigt wurde. Eine imposante allegorische Illumination sollte von einem in dieser Sphäre bewährten Arrangeur ausgeführt werden. Strauss wollte mit seinem Opus 67, dem „Kaiser Franz Joseph-Marsch”, der um 10 Uhr von beiden Kapellen vereint aufgeführt werden sollte, bei Hof wieder auf sich aufmerksam machen. Das Fest fiel aber eingetretener Hindernisse wegen aus es wurde dann am 17. Juli nachgeholt.
Am 16. Juli veranstaltete Johann Strauss eine große Assemblée zu seinem Benefice im k.k. Volksgarten bei der erneut die Militär-Musikcapelle des k.k. 2. Feld-Artillerie-Regimentes unter Sebastian Reinisch mitwirkte und bei dem das Opus 81, der Walzer „Luisen-Sympathie-Klänge” zum ersten Mal aufgeführt wurde. Tags zuvor fand eine große Soiree in Kugler´s Park zu Heiligenstadt statt die verschiedentlich an unterschiedlichen Wochentagen wiederholt wurde.
Dann feierte Franz Joseph Kolb der unermüdlich wohltätige Vereinssecretär der Wiedener Säuglingsbewahr-Anstalt und Unternehmer das Annen-Fest im Voraus. Er kündigte schon gut eine Woche vor dem außerordentlichen Ball-, Illuminations- und Musik-Fest in den sämtlichen, großartigen Garten-, Sommer- und Winter-Saal-Localitäten des Sperl dieses Fest, das auch bei ungünstiger Witterung, zu wohltätigem Zweck, nämlich je zur Hälfte für die Pfründer des Armenhauses Leopoldstadt und der Anstalt deren Secretär er war, an. Strauss wechselte sich mit der ungarischen National-Musikgesellschaft ab und leitete die Ballmusik bis 3 Uhr morgens.
Auch in dem Brauhausgarten der Bierhalle außer der Mariahilfer Linie des Herrn Vallentin wurde das Annenfest schon am 22. Juli gefeiert. Dort waren gleich vier Musik-Chöre im Einsatz. Neben Ludwig Morelly und J.A. Adam auch die Regimentes-Capellen Prinz Gustav Wasa und Freiherr von Heynau.
Der eigentliche Namenstag Anna wird jedes Jahr am 26. Juli gefeiert. An diesem Freitag dirigierte Strauss persönlich die Musik bei einer gewöhnlichen Soirée im k.k. Volksgarten. Vielleicht führte er an diesem Abend eine heute verschollene „Medlein Polka” erstmals auf.
Als zur Annen-Feier am 29. Juli ein Illuminations- und Musik-Fest mit Ball unter der Devise "Annen-Paradies im Sternenreich" in der Bierhalle stattfand war Johann Strauss mit der Kapelle des Vaters und 3 weiteren Musik Kapellen, denen der Capellmeister L.Morelly, Hanel und Vallentin dabei.
Am Tag davor wechselte Strauss von Dommayer’s Casino ins Zögernitz´ Casino. Ferdinand Dommayer behalf sich indem er die Capelle des 8. Jäger-Bataillons engagierte während Strauss in Döbling ein großes Wiener Volks-Fest mit glänzendem Ball, Illumination und Feuerwerk unter der Bezeichnung "Prunk Scene aus der Residenzwelt" veranstaltete. Im Garten produzierte sich erneut die Loczer ungarische National-Musik-Gesellschaft, die Conversations-Musik begann ab 4 Uhr, der Ball um 9 Uhr, das Feuerwerk um 10 Uhr, und im Falle von ungünstiger Witterung plante Strauss eine Conversation. Eigens für dieses Fest komponierte er den Walzer „Johaniskäferln” sein Opus 82.
Es ist nicht bekannt, ob das Fest ausgefallen ist, es dürfte wahrscheinlich am 4. August bei ähnlicher oder gleicher Ausstattung wiederholt worden sein. Ebensowenig ist über die Annen-Feier in der Bierhalle am 29. bekannt. Jedenfalls fand am 5. August auch nächst der Hernalser Linie ein gleich angekündigtes Fest oder eine Wiederholung statt.
Am 5. August 1850 starb der überaus wohtätige Franz Pokorny, der Eigentümer der beiden Vorstadttheater an der Wien und in der Josephstadt. Noch wenige Wochen vor seinem Tod arrangierte er in Meidling, wo er sich zur Kur aufhielt im dortigen Theater ein Fest, dessen Ertrag einem wohltätigen Zweck übermittelt wurde.
Das Josephstädter Theater hatte er nach mehreren Versuchen das Anwesen zu verkaufen schließlich drei Monate vor seinem Tod verpachtet. Das Theater an der Wien, das er seit den ersten Tagen der Revolution „National-Theater an der Wien”, ohne den Zusatz „k.k.” bezeichnete, leitete er bis zu seinem Tod selbst.
Der Geschichte der Wiener Vorstadttheater ist ein eigenes Kapitel gewidmet.
Ab August des Jahres änderte sich etwas, wenn auch nicht für lange:
Beginnend mit dem 3. August bezeichnete Johann Strauss seine Musik-Produktionen im Sperl, im k.k. Volksgarten und im Casino Dommayer statt dem gewöhnlichen Ausdruck: Soirée als Volksmusik-Concert, was er im Fremden-Blatt anzeigte. Schon Anfang Oktober war diese Bezeichnung wieder vergessen.
Am 12. August fand ein sogenanntes Volksmusik-Concert des Johann Strauss auch in Kugler´s Park in Heiligenstadt statt. Auch die Produktion im großen Zeisig am Burg-Glacis hießen vorübergehend so und fanden an den unterschiedlichsten Wochentagen statt.
Dann nahte der 21. Geburtstag von Kaiser Franz Joseph, der allerdings mit seinen Brüdern Karl Ferdinand und Maximilian nach Ischl reiste während man in Wien das Ereignis feierte.
Am 16. fand ein „Großes Fest mit angemessener Decorierung und Illumination zur Feier des allerhöchsten Geburtsfestes des Kaisers Franz Joseph I.” im k.k. Volksgarten statt. Abwechselnd mit einer Militär Musikcapelle spielte das Strauss-Orchester und Johann führte die eigens komponierte „Bonvivant-Quadrille”, das Opus 86 erstmals auf. Am 17. wurde der Freudentag mit einem großen concertanten Musik-Fest in sämtlichen Sommer-Localitäten und Gärten im Sperl auf Veranstaltung des Frauen-Vereins der Leopoldstdt zum Geburtstag Kaiser Franz Joseph, mit der Kapelle Strauss, der ungarischen National Musik-Gesellschaft und einem Gesangverein gefeiert und am 19. wurde der Geburtstag mit einem glänzenden Fest mit Ball in Dommayer´s Casino, wo der Garten und die Säle grandios beleuchtet wurden und ein Concertständchen im Saal aufgebaut war, begangen. Neben Strauss wirkte dort die Kapelle Sebastian Reinisch mit.
Überall stand Johann Strauss persönlich an der Spitze seines Orchesters.
Das nächste Debut des nun unermüdlich arbeitenden, knapp 25-jährigen Johann Strauss war am 9. September im Universum geplant. Er wollte dort selbst ein großes Spektakelfest mit Ball und einer großen, teilweise beweglichen Illumination unter dem Titel "Der Kirchtag in den vier Elementen" in Verbindung mit einer „Lustreise zu Pferd à la Paris”, wobei der Luftschiffer ein Jokei war und der Luftballon eigens hierzu neu verfertigt wurde, veranstalten. Strauss kündigte sich selbst mit der Kapelle seines Vaters an und engagierte noch die ungarische National-Musikgesellschaft aus Pest und eine Militär-Musikcapelle. Die kalte Witterung Anfang September vereitelte allerdings das Fest sowohl am 9. als auch am 11. und es wurde am 19. September veranstaltet. Franz Ballin sprang dann für die Ungarn ein. Die Abhaltung des Festes wurde mittels eines „Aviso-Ballon”, der um 3 Uhr mittags bei der Ferdinandsbrücke aufstieg, bestätigt.
Ein von Johann Strauss komponierter, aber verschollener „Luftreise Marsch” wird einer nicht nachweisbaren Veranstaltung am 23. September im Universum zugeschrieben, ist aber eher am 19. uraufgeführt worden.
Die relativ hohe Anzahl von mindestens 6 Werken aus 1850 welche keinen Verleger fanden oder zumindest nicht im Druck erschienen sind, könnte mit dem sich anbahnenden Wechsel des Verlegers zu tun haben. Vermutlich lagen den Verlegern fertig komponierte Werke schon eine geraume Zeit vor deren Uraufführung vor, und wahrscheinlich suchten eher die Verleger als die Komponisten die passenden Titel nach der Aktualität oder der Werbewirksamkeit aus. Vielleicht waren sie auch gute Berater in Bezug darauf welches Werk zu welchem Anlass und Datum vorgestellt wurde. Johann Strauss wechselte im folgenden Jahr zum Verlag Haslinger und es erschienen ab Februar 1851 keine neuen Werke mehr bei Mechetti, bis dieser am 23. September 1851 die letzten 8 ihm übergebenenen Werke auf einmal anzeigte. Es kann durchaus sein, daß die genanten Werke keinem der beiden Verleger das Honorar wert waren. Wir wissen aus der späteren Korrespondenz von Johann Strauss mit Haslinger und dem Verleger Schreiber, dass diese alle Werke nach Vertrag übernehmen mussten. In der Übergangszeit 1850 bestand vielleicht eine Ausnahme oder lauteten die Verträge noch anders.
Herr Hembsch hatte seinen Cur-Salon am Wasserglacis nun fertiggestellt und plante die Eröffnung am 12. September mit einer großen Feier für die er Johann Strauss zwar nicht extra ankündigte, dieser aber für das Fest eine „Nixen-Polka” komponierte, die nicht im Druck erschienen ist. Für diesen Donnerstag war in Dommayer´s Casino die ungarische National-Musikcapelle engagiert worden. Die Eröffnung des Cur-Salon mußte aber zweimal verschoben werden, zunächst auf den 14. September und endlich auf den 18. September. Am 22. und am 26. leitete Strauss dann auch die Musik am Wasser-Glacis und zwar bei einem großen Concert.
Am Sonntag den 15. September übernahm Philipp Fahrbach die Leitung der Musik bei der Assemblée in Dommayer´s Casino für Strauss, der stattdessen bei einer von J. Unger in seinem Casino veranstalteten, außergewöhnlichen Fest-Soirée unter dem Titel "Erinnerung an Strauss" zur Anschaffung von Winterbedürfnissen für die Armen in der Gemeinde Hernals, die Musik persönlich leitete.
Am 16. September wurde in den Speise- und Promenadegärten im Sperl, mit Benützung sämtlicher Sommer- und Winter-Saal-Localitäten ein National-Musik-Preisfest mit Ball, als Schlußfest der Sommersaison unter dem Titel "Das Wiedersehen der Residenzer" veranstaltet. In dem musikalischen Wettstreit bei dem derjenige Kapellmeister, welcher durch die Abstimmung der Gäste als der vorzüglichste in seinen Leistungen erklärt wurde, erhielt der Sieger zur Erinnerung an den Abend einen wertvollen Silberpokal. Johann Strauss vertrat Österreich, Capellmeister Hanel mit dem Prinz Wasa Infanterie-Regiment Ungarn und Capellmeister Pergler Böhmen. Der halbe Ertrag wurde zum Besten der verarmten Bürger des Bezirkes Leopoldstadt gewidmet.
Die beiden anderen Capellmeister hatten wohl gegen Strauss, der für das Preisfest sein Opus 85, den Walzer „Heimatskinder” komponierte und daselbst vortrug, schon aus Gründen der größeren Bekanntheit keine Chance. Strauss sprach die Tänzer unter den Gästen an und da die Zahl derer überwiegend war gab es keinen Zweifel wer den Preis erhalten hat.
Bis zur Abreise von Strauss blieben die großen Soiréen samstags im Sperl im Kalender, die letzte vor der Abreise am 12. Oktober.
Das letzte Benefice-Fest der Saison veranstaltete Johann Strauss am 29. September in Form einses großen Promenade-Festes im k.k. Volksgarten unter Mitwirkung der Musikcapelle Prinz Wasa.
Am 6. Oktober fand dann das letzte große Promenade-Fest im Freien im k.k. Volksgarten, bei dem wieder die Capelle Prinz Wasa unter Capellmeister Hanel mitwirkte und der Schluß ein brillantes Feuerwerk von Anton Stuwer bildete, statt. Auch für dieses Fest hatte Strauss eine Novität parat, sein opus 83 den „Ottinger-Reitermarsch”, den er Franz Freiherr von Ottinger widmete.
Franz Freiherr von Ottinger (* 28. September 1793 in Ödenburg; † 8. April 1869 in Wien) war ein österreichischer Wirklicher Geheimer Rat, Offizier (General der Kavallerie) und Theresienritter sowie zweiter Inhaber des Husarenregiments „Kaiser“ Nr. 1. In Anerkennung seiner Leistungen wurde ihm von Kaiser Franz Joseph I. am 22. Februar 1851 zu Wien die Freiherrnwürde verliehen.
Danach traf Strauss Reisevorbereitungen. Die Presse berichtete am 12. Oktober von der bevorstehenden Reise des Musikdirector nach verschiedenen Städten des deutschen Reiches bei der er auch beabsichtigte Berlin zu berühren, aber vor einigen Tagen von Freundeshand brieflich ganz ernstlich gewarnt wurde ja nicht dahin zu kommen, weil die politische Aufregung in Berlin gegen alles was aus Österreich herrührt so künstlich gesteigert würde, daß er sich der Gefahr aussetzen möchte, dort im günstigsten Falle vor leeren Bänken zu spielen oder sogar Insulten auszusetzen. Die Presse schloß den Artikel mit den Vermerk: „das fehlte noch, daß die Ungeschicklichkeit und Eifersüchtelei der deutschen Kabinette ihren verderblichen Einfluß sogar auf Konzerte und Bälle ausüben sollte”.
Strauss reiste zwar nach Preußen und nach russisch Polen, wo er andere, eigene Absichten verfolgte ohne dabei Berlin zu berühren. Am 10. Oktober beantragte Strauss beim Konskriptionsamt für sich selbst, für 24 Orchestermitglieder und einen Orchesterdiener Reisepässe mit dem Vermerk „einschließlich Russisch-Polen”.
Vor Reiseantritt erschien er am 13. Oktober noch einmal im k.k. Volksgarten zu seiner letzten Sonntag Nachmittags-Conversation vor seiner Abreise nach Deutschland und als Mitte Oktober überall in Wien und in den Vorstädten die Säle eröffnet wurden, gab er bei der höchst imposanten Wieder-Eröffnungs-Feier in J. Dengler´s ganz neu hergerichteter Bierhalle zu Ehren des Theresientages ein letztes Fest-Concert.
In den Sälen >zur Bretze< in Neulerchenfeld war Philipp Fahrbach zur Eröffnung engagiert, für die Soirée musicale am Wasser-Glacis war der Musik-Director J. Faistenberger, in Unger´s Casino Ludwig Morelly und in Dommayer´s Casino alle Sonntage ebenfalls Philipp Fahrbach tätig.
Der Humorist meldete am 18. Oktober „mit dem vorgestrigen Abendzuge ist der Kapellmeister Strauss und sein 27 Individuen bestehendes Orchester nach dem Auslande abgereist”.
Während Johann Strauss auf seiner Reise zunächst in Ratibor und in Breslau, wo er am 21. Oktober ein doppeltes Abschiedskonzert um 3 Uhr im Wintergarten und um 7 Uhr im Caférestaurant spielte, dann in Kattowitz Konzerte veranstaltete von denen weiter aber keine Details und keine genauen Daten bekannt sind, und bevor er am 23. Oktober, angeblich auf Einladung der russischen Zarin Alexandrowna Fjordorowna die Route änderte und Richtung Warschau reiste, war Kaiser Franz Joseph I. von einer Reise aus Tirol nach Schönbrunn zurück gekehrt, reiste aber am 24. Oktober für ein Treffen mit dem Zar von Russland ebenfalls nach Warschau ab.
Route der geplanten Reise von Strauss Sohn von Wien über Ratibor und Breslau Richtung Berlin, dann aber wurde die Route geändert und er reiste zurück über Kattowitz und Krakau nach Warschau.
Zwischen Wien und Ratibor liegt Olmütz
Die direkte Strecke von Wien nach Warschau ist rund 700 km. Auf der Bahnkarte_Deutschland_1849 aus der dieser Ausschnitt stammt ist die Fahrzeit mit 180 Stunden angegeben.
Hätte Strauss tatsächlich so lange für die Reise auf den beiden Strecken gebraucht, hätte er während der einmonatigen Abwesenheit kaum das später noch zu schildernde erlebt und die überlieferten Veranstaltungen begleitet haben können. Das Reisen in der Mitte des 19. Jahrhundert war zwar dank der Eiesenbahnen sicherlich einfacher und viel schneller als zu den Zeiten in denen Strauss Vater seine ausgiebigen Kunstreisen unternahm, trotzdem dürften die Fahrten in den unkomfortablen und unbeheizten Waggons viel Zeit und Geduld in Anspruch genommen haben, viele Nächte dafür auf den Strecken durchwacht und erhebliche Wartezeiten auf den Bahnhöfen aufgewendet worden sein.
Die Spannungen zwischen Preußen und Österreich derentwegen man Johann Strauss vor Insulten in Berlin gewarnt hatte, bestanden noch als Folge der Märzrevolution 1848. Im Zuge der Neuordnung in Mitteldeutschland, wurde am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche die Nationalversammlung eröffnet. Die Abgeordneten sollten mit der Ausarbeitung einer neuen Reichsverfassung die Grundlage für ein einiges, freiheitliches Deutschland schaffen. Durch Beschluss der Bundesversammlung vom 12. Juli 1848 wurden deren Befugnisse auf den Reichsverweser des Deutschen Reiches übertragen und die Tätigkeit der Bundesversammlung eingestellt. Die Bundesakte trat hiermit faktisch außer Kraft, wurde jedoch nach dem Scheitern der Revolution, der Ablehnung der Reichsverfassung und der Erfurter Union durch die Olmützer Punktation, einer Übereinkunft zwischen Österreich und Preußen vom 29. November 1850 wieder hergestellt und die Bundesversammlung nahm ihre Tätigkeit wieder auf.
Das Treffen von Kaiser Franz Joseph mit Zar Nikolaus I. in Warschau bereitete diese Olmützer Punktation, oder auch der „Olmützer Vertrag“, vor. Sie war ein diplomatisches Abkommen, das am 29. November 1850 zwischen Preußen, Österreich und Russland über die Beendigung des preußisch-österreichischen Konflikts von 1848/1850 wegen der Unionspolitik Preußens abgeschlossen wurde. Die Konferenzen der Vertreter der drei Mächte fanden vom 28. bis zum 30. November 1850 in Olmütz in Mähren statt.
Einen Konflikt zwischen dem hessischen Kurfürsten und seinen Untertanen nahm der österreichische Kanzler Felix Fürst zu Schwarzenberg zum Anlass, Preußen weiter zu isolieren. Schon am 8. November 1850 war es zu einem Vorpostengefecht zwischen der Österreich nahestehenden bayerischen und der preußischen Armee bei Bronnzell, in der Nähe von Fulda, gekommen, bei dem allerdings nur ein Trompeterschimmel auf dem Platz blieb. Preußen entschloß sich daraufhin zum Einlenken.
In dieser Punktation verzichtete Preußen auf den Führungsanspruch als deutscher Staat. Gleichzeitig wurde der Deutsche Bund, der durch die Revolutionen von 1848 schwer angeschlagen war, unter der Leitung Österreichs wiederhergestellt. Da Preußen durch das Abkommen bedeutend an Ansehen verlor, trug es letztlich zur weiteren Zuspitzung des Gegensatzes zwischen Preußen und Österreich bei. Preußische Nationalisten sprachen von der „Olmützer Erniedrigung“.
1) Die Regierungen von Österreich und Preußen erklären, daß es in ihrer Absicht liege, die endliche und definitive Regulierung der kurhessischen und holsteinischen Angelegenheit durch die gemeinsame Entscheidung aller deutschen Regierungen herbeizuführen.
2) Um die Kooperation der in Frankfurt vertretenen und der übrigen deutschen Regierungen möglich zu machen, sollen in kürzester Frist von seiten der in Frankfurt vertretenen Bundesmitglieder sowie von seiten Preußens ... je ein Kommissar ernannt werden, welcher über die gemeinschaftlich zu treffenden Maßregelungen in Einvernehmen zu treten haben.
Johann Strauss hat später gerne von seiner kühnen Reise erzählt und sie als verwegenes Abenteuer mit allerlei Zwischenfällen beschrieben. Die Pässe waren anscheinend für Warschau nicht gültig, denn das Orchesterpersonal wurde an der Stadtgrenze von der russischen Polizei festgenommen. Strauss selbst gelangte nach Warschau und drang bis zu General Abrahamowicz vor, der aber behauptet haben soll: Die Leute seinen überhaupt nicht das Strauss-Orchester aus Wien, sondern eine Bande von Revolutionären die nach Sibirien gehöre ! Der österreichische Konsul konnte oder wollte nicht helfen, da traf Strauss einen bekannten Kunsthändler der ihn verehrte und die in Warschau weilende Zarin verständigte auf deren Intervention die Musiker frei kamen.
Es bot sich für Strauss in Warschau die erste Gelegenheit sich vor seinem Kaiser zu produzieren. Zwei Tage nach seinem 25. Geburtstag konzertierte die Kapelle bei einer Fest-Soirée die der Zar in der damals unter russischer Herrschaft gestandenen polnischen Hauptstadt gab und bei der der österreischiche Kaiser als Ehrengast geladen war.
In der Folge soll Strauss Konzerte gegeben und bei Soiréen und auch bei Ballettaufführungen mitgewirkt haben. Andere Quellen berichten von einem Theatre-Paré und einem Hofball bei dem Strauss gespielt haben soll und von drei Konzerten im kaiserlichen Theater für deren Abhaltung Strauss die Erlaubnis bekommen haben soll.
Nach Strauss eigener Erzählung soll er in Warschau angeblich von einem Herrn Friedlein, offenbar der Impressario für Warschau, bei einem guten Bekannten einquartiert worden sein und durfte nicht ausgehen, nicht einmal den Fuß vor die Tür setzen. Bei dem Treffen mit Abrahamowicz erreichte Strauss angeblich, daß Abrahamowicz die Mitglieder mit ihren Instrumenten zur Polizei kommen lies und jeder mußte geigen und blasen, sie konnten aber Abrahamowicz nicht überzeugen. In der verzweifelten Situation kam angeblich ein Leiblakei der russischen Kaiserin mit der Aufforderung Strauss möge sich sofort ins Schloß Laschenski begeben.
Irgenwann zwischen dem 15. und 19. November waren Johann Strauss und die 27 Personen wieder in Wien, wo für den Katharinen-Tag am 25. November eine außergewöhnliche Eröffnung des Sofienbad-Saales mit einem großen glänzenden Elite-Balle bei dem Johann Strauss, immer noch mit der großen Musikcapelle seine Vaters, angekündigt wurde und bei der er seine 3 Warschauer Novitäten in Wien präsentierte. Neben der „Warschauer Polka“, Opus 84, Ihrer Majestät der Kaiserin Alexandrowna Fjordorowna von Russland gewidmet, auch seine beiden unveröffentlichten Werke, den ”Jubiläums-Fest-Marsch“ und die „Warschauer Ballet-Mazur“.
Der „Presse” nach präsentierte er die neuen polnischen Kompositionen bereits bei einem Festkonzert am 21. September, gemäß dem „Humorist" war das der Tag seiner Rückkehr von Warschau wo er „ungeheure Sensation erregte”, in der Bierhalle vor der Mariahilfer Linie. Entweder war die „Presse” nicht aktuell oder der junge Kapellmeister hatte sich in der Einschätzung der politischen Einflüsse vertan, denn obowhl der russische Zar zur Lösung des Konfliktes mit Preußen beitrug riet man Strauss, daß er sich mit Widmungswerken an russische Persönlichkeiten nicht die Gunst des Wiener Publikums erwerben und dauernd sichern könne. Strauss soll aus Warschau eine Einladung nach St. Petersburg und einen Brillantring, ein Geschenk der Zarin Alexandra nach Wien mitgebracht haben. Aber erst ab 1856 konzertierte Johann Strauss, von dann an allerdings mehr als ein Jahrzehnt hindurch und ab und zu von seinen Brüdern unterstützt, in Pawlowsk, dem Sommersitz des russischen Adels.
Bis Silvester leitete Johann Strauss lediglich die Musik bei den Nachmittags-Unterhaltungen an Sonn- und Feiertagen im k.k. Volksgarten und bei den Fest-Assemblées an Donnerstagen in der Bierhalle von J. Vallentin. Ferdinand Dommayer hielt indeß an Philipp Fahrbach fest.
Zum Jahresausklang dieses, für Johann Strauss sicher sehr ereignisreichen Jahres eins nach des Vaters Tod, veröffentlichte Bruno Morawetz einen immer noch sehr von den revolutionären und kriegerischen Eindrücken der vergangenen Jahre geprägten, vorläufigen Ballkalender für den Sofienbad-Saal für den Carneval 1851, in dem Johann Strauss in diesem Saal für die Ballmusik engagiert war.
Es wurden „Die Mars-Bälle zu Ehren der k.k. Armee, somit auch der Wiener Garnison” allwöchentlich unter dem Titel Radetzky-Bälle, ein großer Kronländer-Ball, wöchentlich ein Camellien-Ball, Mitte Januar ein „Helden-Huldiugungs-Ball”, ein Subscriptions-Ball, ein Morawetz-Ball sowie ein Benefiz-Ball von Johann Strauss angekündigt.
Leopold Schönauer, der Pächter des Sperl, erlaubte sich die Herren Ballunternehmer welche gesonnen sind einen Abend im Carneval 1851 haben zu wollen , aufzufordern sich bis zum Silvester-Abend mit ihm ins Einvernehmen zu setzen und bemerkte nur, daß Herr Johann Strauss die Musik und Herr Rabensteiner die Tänze leiten werden.
Ende November begann das Verlassenschafts-Verfahren nach Johann Strauss. In der Wiener Zeitung erschien am 5. Dezember die Aufforderung an die Gläubiger ihre Forderungen bis zum 9. Januar anzumelden.
Am Silvester-Abend klang das Jahr im Sperl mit einer Siilvesterfeier für die Johan Strauss einen neuen Walzer betitelt „Hirten-Spiele”, sein Opus 89 komponierte und uraufführte, aus. Das Werk wurde zunächst als „Christbaumbescherung im Dreivierteltakt” angekündigt.
Der inzwischen 20-jährige Kaiser Franz Joseph war auch 1850 häufig auf Reisen. Zunächst besuchte er im Mai Triest, zu seinem Geburtstag reiste er, wie schon geschrieben, mit seinen beiden Brüdern nach Ischl. Wenige Tage nach der Rückkehr nach Wien reisten die Erzherzoge Ferdinand Max und Karl Ludwig in den Orient, der Kaiser begab sich im September zur Inspektion eines Feldmanövers nach Böhmen, Ende September reiste er nach Tirol und Ende Oktober zu dem ebenfalls bereits erwähnten Kaiser-Treffen nach Warschau wo Johann Strauss als Kapellmeister des Zar von Russland seinem Kaiser aufspielte.
Im Jahr 1850 erschienen folgende Werke als Erstanzeigen:
In Wien wo einschließlich der Vorstädte 1850 knapp 400.000 Individuen wohnten eröffnete Herr Munsch in diesem Jahr ein Hotel
An der Stelle der früheren „städtischen Mehldepot und Metzenleihanstalt“ entstand 1697 das von Johann Bernhard Fischer von Erlach entworfene Haus „zur Mehlgrube”, zum Zeitpunkt seiner Errichtung das dominierende Gebäude am Platz. Es beherbergte im ersten Stock einen Saal, in dem exklusive Bälle und Redouten stattfanden. Hier soll sich unter anderem der junge Joseph Haydn etwas Geld als Musiker verdient haben. 1781 wurde der Ballsaal in einen Konzertsaal umgebaut, am 11. Februar 1785 wurde hier das 20. Klavierkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart uraufgeführt. Mozart wirkte bei dem am Tag zuvor fertiggestellten Stück selbst als Solist.
1798 erfolgte eine Neueröffnung des Hauses als Gasthaus >zur Mehlgrube<. Der Wirt Michael Mörus ließ auch wieder Bälle und Konzerte „in der Mehlgrube” stattfinden. Ein prominenter Dirigent war Ludwig van Beethoven, der häufig im benachbarten Gasthaus >zum weißen Schwan, anzutreffen war. 1831 wurde das Haus im Auftrag von Mathias Czermak in ein sogenanntes Kasino mit Konzertsaal und Gastronomie umgebaut. Joseph Lanner und Morelly hatten hier Engagements als Kapellmeister, Johann Strauss Vater spielte nie in der Mehlgrube. Weiters fanden sogenannte „Journalistenabende“ statt, die 1859 zur Gründung des heutigen Presseclubs Concordia führten. 1837 wurde die Mehlgrube von Franz Xaver Munsch übernommen der das Hotel Munsch zur ersten Adresse Wiens machte.
Was sonst noch geschah:
Südamerika:
Katastrophen
1851
Es nahte der zweite Carneval ohne Johann Strauss Vater. Der inzwischen 25-jährige Johann Sohn hatte sich in Wien als der erste Musikdirector und Kapellmeister für Unterhaltungsmusik durchgesetzt, trat aber in einigen Lokalen immer noch unter Beibehaltung des Zusatzes „mit der Muikcapelle seines Vater, weiland Johann Strauss, k.k. Hofballmusik-Director”auf.
Vermutlich konnte die Großfamilie im Hirschenhaus mit den Einnahmen die der fleißige Johann erzielte ganz gut auskommen. Eduard, der damals 15 Jahre alt war und das academische Gymnasium besuchte, schreibt in seinen Erinnerungen später : „Die Mutter behielt (nach dem Tod des Vaters) die uns liebgewordene Wohnung im Hirschenhause. Wie die liebevolle Henne ihre Küchlein, hatte sie alle ihre Kinder um sich versammelt und sorgte und lebte nur für uns. In dieser Zeit des glücklichsten Familienlebens schuf Bruder Johann seine schönsten Walzer”. Dann erwähnt Eduard Werke zwischen dem Opus 74, „Lava-Ströme” vom 29. Januar 1850 bis Opus 270, „Carnevals-Botschafter” vom 22. November 1862, erklärt damit also, ob gewollt oder ungewollt die Jahre 1850 bis 1862, dem Jahr in dem Johann zum ersten Male heiratete, als die Glüklichsten. Der zweitlälteste Sohn Josef, der inzwischen 23 Jahre alt war dürfte sich im Sommer 1850 gezielt auf Arbeitssuche begeben haben. Seit dem Tod des Vaters hat Josef nachweislich einige erhaltene Klavierstücke komponiert die ihn ob der darin geforderten Technik auch als sehr guten Pianisten ausweisen. Er schrieb einen „Grand Galoppe du Concert” im Jahr 1849, der somit die früheste datierte Komposition von Josef ist. Weiters sind ein „Grande Marche”, eine „Caprice”, ein „Theme variée mit Variationen”, eine Polka Mazur und eine Fantasie für Klavier erhalten. Die Fantasie war gemäß Vermerk auf dem Autograph auch für Orchester gedacht und wurde möglicherweise Anfang 1850 von Johann aufgeführt. Drei weitere Klavierwerke sollen Josef volles Lob des Musikverlegers Haslinger und anderer Personen eingebracht haben, erinnert sich jedenfalls Eduard später. Haslinger verlegte ab September 1851 die Werke von Johann, er könnte also in dieser Periode intensiven Kontakte mit dem Haus Strauss gehabt haben und dabei auf Josef’s Kompositinen aufmerksam geworden sein. Verlegt hat er sie allerdings nicht. Josef komponierte auch Lieder mit melancholischen schwermütigen Texten, wahrscheinlich zum eigenen Vortrag mit seiner tiefen Bass-Stimme. Auch die Texte zu drei der vier Lieder schrieb er und er komponierte ein Lied mit dem Titel „Der Bettler”.
Warum auch immer, 1850 lies er sich Empfehlungsschreiben des Architekten und Stadtbaumeister Anton Ubel über seine Tätigkeit als Bauzeichner von 1846 bis 1847 und seines Zeichenlehrers Perger ausstellen.
Am 15. April 1851 übernahm Josef schließlich die Aufsicht und die Bauleitung eines neu zu errichteten Wasserwehrs in Trumau, rund 35 Kilometer südlich von Wien Nähe Baden . Er hatte die Detailzeichnungen der Pläne für das Wasserwehr auszuführen wofür er gesondert 66 fl. 40 kr. Honorar erhielt. Obwohl die Tätigkeit für ein Jahr geplant war kehrte er am 30. Juli schon wieder nach Wien zurück und brachte ein Gesamtgehalt von 352 fl. mit. Das entsprach ungefähr dem Gehalt eines Universitätsprofessors.
Aus Trumau schrieb Josef bereits Liebesbriefe nach Wien. Er war damals schon in Caroline Pruckmayer, seine theure Lina oder Linchen, verliebt. Die Hochzeit war aber erst 1858. Die Fahrzeit für die 35 Kilometer Distanz betrug damals drei Stunden und Josef beklagte das Alleinsein und die Einsamkeit und nannte Trumau sein Fegefeuer und seine Bußanstalt. Seine spätere Frau besuchte in Wien, vermutlich in Begleitung ihrer Schwester Aloisia und deren Verlobten Theodor den k.k. Volksgarten. Ob sie dort die Konzerte Johanns besuchte, der im Sommer dort zwei Mal wöchentlich Nachmittags-Soiréen musikalisch begleitete, ist nicht überliefert. Josef bekam am 29. September ein Zeugnis über seine Leistungen in Trumau.
Zurück zum Karneval, der 1851 sehr lang war und erst am 4. März endete. Zunächst fanden an den Sonn- und Feiertagen die gewöhnlichen Nachmittags-Unterhaltungen oder Soiréen statt. Im k.k. Volksgarten die des Herrn Capellmeisters Johann Strauss, in Zögernitz’s Casino spielte J. Mikschik, ein neuer Name der nur selten wiederkehrte, in Dengler’s Bierhalle J.A. Adam, in Unger’s Casino Ludwig Morelly und in Dommayer’s Casino weiterhin Philipp Fahrbach.
Die Reihe der öffentlichen Ball begann am 12. Januar >zum goldenen Strauß< im Theatergebäude in der Leopoldstadt wo Johann Strauss jeweils sonntags und bei öffentlichen und an anderen Tagen bei einigen Fest-Bällen die Musik leitete. Es ist nicht bekannt ob die Säle über längere Zeit geschlossen waren. Franz Pokorny suchte ja ständig Pächter oder Käufer für sein Theater samt den Sälen, zuletzt im Sommer 1849. Das Theater wurde im Mai 1850 verpachtet, möglicherweise blieb der Saal bis zum Karneval 1851 geschlossen.
Der erste öffentliche Ball der Saison im Sofienbad-Saal war ein prachtvoller militärischer Fest-Ball zu Ehren der k.k. Wiener Garnison, arrangiert mit der Devise: "Österreichs schönster Waffenschmuck" am 15. Januar, der außerordentlich besucht war. Der halbe Reinertrag war für die in den Jahren 1848 und 1849 verstümmelten und für die Witwen und Waisen der gefallenen Süd-Slaven gewidmet. Johann Strauss dirigierte die Musik.
Die „telegraphischen Faschings-Depeschen”aus dem Elisium kündigten außer den beliebten Productionen, schon früh auch glänzende Ballparé, pudelnärrische Faschingszüge und festliche Preisringen an. Die übrigen Ballveranstalter liesen den Carneval dagegen aber eher gemächlich angehen.
Die Wahl der Titel für die Bälle beweist, daß in der Monarchie noch lange nicht die Fröhlichkeit aus den Vormärzjahren zurück gekehrt war. Das Metternich’sche Spitzelregiment war zwar abgesetzt aber der junge Kaiser Franz Joseph etablierte mit Hilfe seiner Berater einen absoluten Polizeistaat. Ministerpräsident war Felix Fürst zu Schwarzenberg.
Alexander von Bach wurde vom jungen Kaiser mit der Neugestaltung Österreichs im konservativen zentralistischen Sinn beauftragt und war ab 1852 zwar nicht formal, aber de facto der eigentliche Leiter der Regierung („Ministerium Bach“). Ein vom Kaiser einberufener Reichsrat hatte keine Bedeutung.
In der Folge wurden die Zensur wieder eingeführt, die Universitäten reformiert und durch das Konkordat von 1855 die Pflichtschulen wieder in die Obhut der katholischen Kirche übergeben, der sie durch Kaiserin Maria Theresia 1774 entzogen worden waren. Nicht aufgehoben wurde hingegen die Bauernbefreiung sowie die Bodenreform in den österreichischen und böhmischen Kronländern. Daneben konnte sich der bürgerliche Kapitalismus weiter durchsetzen, und es kam zu einer ersten Gründerzeit.
Die früheren Mars-Bälle im Sofienbad-Saal hiesen in diesem Jahr wieder Radetzky-Bälle und wurden zu Ehren der tapferen k.k. Armee veranstaltet und „ein Theil vom Reinertrag wird zur Betheilung leidender Invaliden bestimmt”. Der erste Ball fand am 22. Januar statt, die folgenden jeden Mittwoch.
Ende Januar beeinträchtigte eine in Wien kursierende Grippe-Welle besseren Besuch der Bälle. Kaum eine Familie in der nicht jemand, sowohl zarte als auch feste Constitutionen, das Bett hütete.
Am 2. Februar feierte der Tanzlehrer Franz Rabensteiner einen Cercle-Ball in Verbindung mit einem Kinder-Ball im Sperl, letzterer im neuen Speise-Saal und unter den Tanz-Arrangement seines kleinen Sohnen Eduard Rabensteiner. Die Musik, wahrscheinlich für beide Bälle, war unter der Leitung des Herrn Kapellmeister Johann Strauss.
Gleich 3 große Ball-Feste wurden am 8. bis 10. Februar zu Ehren der Herren Typographen in den Saal-Localitäten „zum goldenen Strauß”in der Josefstadt gefeiert bei den Strauss die Musik leitete.
Johann Strauss leitete zwar die Ballmusik in den Palästen des Adels, für die Hof- und Kammerbälle war allerdings Fahrbach, der in diesem Karneval auch der Kapellmeister beim Dommayer war, berufen.
Der Vater des Kaisers, Erzherzog Franz Carl, unter dessen Protectorat die Versorgungs-Anstalt für erwachsene Blinde stand, hatte auch keine Einwände, daß Straus für den großen Masken-Ball (Redoute) am 4. Februar zum Besten dieser Anstalt und der Leopoldstädter Kinderbewahr-Anstalt die Musik besorgte. Weil das seit 1848 geltende Maskenverbot an diesem Abend aufgehoben wurde nannte Strauss sein Widmungswerk, das Opus 92, die „Maskenfest-Quadrille”. Der Ball fand in der Hofburg , in den k.k. Redoutensälen statt. In der Besprechung werden 4000 Besucher genannt und „das Orchester unter der Leitung des Kapellmeisters Strauss war sehr brav” gelobt.
Überhaupt nahm der Karneval im Februar Fahrt auf. Am 2. Februar war der schon traditionelle Najaden-Ball zu Ehren der P.T. Bad- und Schwimmgäste im Sofienbad-Saal und spätestens am 5. Februar begann auch im Sperl der Fasching mit einem außerordentlich großen Gesellschafts-Ball zum Besten des Armenversorgungshauses der Leopoldstadt und Jägerzeile. Bei beiden Bällen, wie bei allen representativen Bällen in den beiden Sälen spielte Johann Strauss.
Am 2. Februar leitete Strauss vor dem Najaden-Ball bereits die Musik bei der Nachmittags-Conversation im k.k. Volksgarten. Ob er abends auch bei dem großen Ball im Palais Schwarzenberg, bei Sr. Durchlaucht dem regierenden Fürsten, die Ballmusik dirigierte ist nicht überliefert. Bei einem weiteren Ball später im Februar bei Fürst Schwarzenberg ist die Mitwirkung von Strauss belegt.
Auch am Mittwoch dem 5. Februar fand parallel ein weiterer Ball statt, im Sofienbad-Saal war Frohsinns-Ball. Johann Strauss wurde auch dafür nicht genannt, es ist aber bekannt, daß er in diesem Karneval bis zur Erschöpfung gearbeitet hat, was sich vier Wochen später rächen sollte.
Wahrscheinlich hat Strauss also bei viel mehr Bällen und Veranstaltungen die Musik geleitet als die die wir kennen.
An den folgenden Tagen, Donnerstag bis Sonntag sind nur die Bälle im Josefstädter Theatersaal bekannt. Der nächste bekannte Ball ist bereits der Benefice-Ball von Johann Strauss im Sofienbad-Saal am Montag dem 10. Februar, den er „Das Delphische Orakel” betitelte. Die hierfür oblogatorische neue Komposition war das Opus 90, der Walzer mit dem passenden Titel „Orakelsprüche”. Auch an diesem Abend fand parallel im Sperl ein Elite Fest-Ball unter der Bezeichnung "Viribus unitis", zum Besten verkrüppelter Krieger und der Armen statt, wieder ohne Nennung der Kapelle.
Bis zum nächsten Montag, dem 17. Februar ist nur ein Protestanten-Ball im Sofienbad-Saal am 11. Februar bekannt. Erneut ohne Erwähnung wer die Musik exekutierte.
Am 17. Februar führte Strauss sein Opus 88, die „Slaven-Ball-Quadrille” bei einem Slaven-Ball im Sofienbad-Saal erstmals auf. 4000 Personen, unter denen auch der Banus (Vizekönig von Kroatien), Freiherr von .Jellachich gewesen sein soll, erhielten Karten.
Außerdem führte er eine „Michael-Quadrille” von Adolf Winter erstmals auf. Herr Winter war offenbar ein fleißiger Helfer für Johann Strauss wenn es um slavische Werke ging. Er hatte früher bereits eine „Beseda-Quadrille” und eine „Slavi dcera-Quadrille” komponiert die Strauss beide aufführte. Später erschien im Verlag Müller auch noch eine „Prazanka-Polka” die ebenfalls von Strauss auf dem Slaven-Ball aufgeführt wurde. Am nächsten Abend, dem 18. Februar präsentierte Strauss sein nächstes neues Werk, das opus 87, die „Aurora-Balltänze” beim Ball der Künstler und Schriftsteller im Sperl. Der Ball wurde in den zugängigen Medien überhaupt nicht annonciert. Der Spenden-Ball im Sofienbad-Saal am gleichen Abend wurde ohne Nennung der Musikkapelle angezeigt. Am folgenden Tag dürfte Strauss wohl die Musik beim zweiten Frohsinns-Ball im Sofienbad-Saal geleitet haben, dann fehlen wieder jegliche Informationen bis zum Sonntag, dem 23. Februar.
An diesem Sonntag fand der große Masken-Ball in den k.k. Redoutensälen, die 2. Redoute mit Lotterie zum Besten der Armen, statt. Johann Strauss übernahm die Leitung beider Orchester, im großen Saal dirigierte er persönlich, das zweite Orchester dürfte der Primgeiger Franz Amon, der bereits in Strauss Vaters Kapelle Orchesterdirigent war und Violinmeister von Johann, Josef und Eduard, sowie auch Clavierlehrer Eduards war, dirigiert haben. Er wird auch in den kommenden Wochen ein wichtige Rolle spielen.
Die Annonce über den Maskenball füllte drei Viertel einer Zeitungsseite. Neben dem Zweck des Balles wurde angezeigt, daß nur eine den Räumen der Redoutensäle angemessene Anzahl Eintrittskarten ausgegeben wurde, der Eintritt 2 fl. C.M. kostete, 250 Gewinne gespendet wurden, darunter ein prachtvolles Service durch den Kaiser, eine ausführliche Beschreibung der Lotterie, deren Ziehung am 24. März erfolgte und so weiter. Die Säle wurden um 9 Uhr geöffnet, die Musik dauerte bis 3 Uhr früh.
Am Dienstag den 24. Februar war der letzte Frohsinns-Ball im Sofienbad-Saal, ein für diesen Tag angesetzter Kronländer-Ball, ebenfalls im Sofienbad-Saal wurde eingetretender Hindernisse in den bedeutenden Vorbereitungen zur Ausstattung dieses Balles, auf den folgenden Tag verschoben. Bei diesem Ball führte Strauss einen Walzer eines Herrn Rudolph Khünl zum ersten Male vor. Der Ertrag dieser Komposition war für den Kapellmeister Ludwig Morelly bestimmt der sich um den Jahreswechsel bei einem Sturz den Unterschenkel zweimal brach und den Karneval also auf dem Krankenlager verbrachte, obwohl er in Unger’s Casino zu den Nachmittags-Conversationen persönlich angekündigt wurde. Wahrscheinlich versprach man sich von diesem Ball auch eine Verständigung der vielen Völker der Monarchie. Außerdem spielte Strauss am 24. Februar mit seinem Orchester auf einem Ball bei Fürst Lichtenstein und beim letzten Ball bei Fürst Schwarzenberg, den auch der Kaiser mit seiner Anwesenheit beehrte.
Von der tags darauf erfolgten Uraufführung des Opus 94, des Walzers „Rhadamantus-Klänge” auf einem Korporationsball im Sofienbad-Saal wissen wir nur aus der Opus-Liste von Johann Strauss.
In den letzten Tagen des Faschings war Johann Strauss noch einmal bis zur Grenze belastet. Am Rosenmontag, den 3. März fand der Strauss´sche Benefize-Ball in den Sälen zum Sperl statt der in ein allen Journalen mit einer einfachen Anzeige angekündigt wurde. Nur im Fremden-Blatt wurde der „Crampampuli-Ball” als letztes Faschings-Stück´l für gemütliche Wiana angezeigt. Ein Crampampuli- Tanz oder ein Ländler mit dem Titel „Die Tiaf´n” von Johann Strauss der für den Abend angekündigt wurde, ist nicht bekannt. Außerdem war der letzte Ball an diesem Abend im Sofienbad-Saal wobei der Schatz von Monte Christo, in Form von 807.750 fl. W.W, zu gewinnen war. Außerdem gab es zur Belustigung des Publikums interessante Blumenspenden „ganz so wie durch die indischen Magie des Herrn Professor Herrmann verabfolgt“.
Im Sofienbad-Saal war der Eintritt nur im Ball-Costüme gestatten, wobei jene die nachweisen konnten, daß außerordentliche Umstände sie verhindert haben, pünktlich zum Kronländerball einzutreffen, ausnahmsweise auch im National-Costüme Zutritt erhielten.
Am Fasching-Dienstag endete die Saison mit einem großen, dem dritten Maskenball, zum Besten des Vereins zur Errichtung von Arbeitsschulen, in den k.k. Redouten-Sälen. Wieder wird in der Anzeige nichts über die Musikkapelle erwähnt, aber es war vermutlich erneut Johann Strauss, ebenso wie bei Rabensteiner´s Schlußball-Fest im Sperl. Strauss konnte sich noch bis zum Faschingsende auf den Beinen halten, in der Nacht zum Aschermittwoch erlitt er einen Zusammenbruch. Einige Journale sagten ihn schon tot. Die Nachrichten über den Zustand des jungen Kapellmeisters im Hirschenhaus lauteten von einer Verkühlung, dann Typhus und zuletzt daß die Gefahr einer Gehrinlähmung nur mit Mühe abgewendet werden konnte. Strauss musste pausieren.
Die Krankheit Johanns hat die finanziellen Probleme der Familie Strauss sofort wieder akut werden lassen, die Engagements die Johann nach seiner Genesung im Frühling und Sommer annahm dürften diese Annahme belegen und Eduards Erinnerung, daß dies die Zeit des glücklichsten Familienlebens war könnte geschönt sein.
Der Zusammenbruch Johanns belegt aber eindeutig, daß seine Konstitution weit weniger robust war als die seines Vaters. Die Belastungen im Karneval 1851 waren vermeintlich weit geringer als die von Vater Strauss in den vorigen Jahren.
Bei der Nachmittags-Conversation am Sonntag dem 9. März dürfte vermutlich Franz Amon das Orchester geleitet haben, während sich der 25 jährige Johann Strauss, wie der „Humorist” am 14. März schrieb, nach seiner bedenklichen Krankheit, zum Troste aller seiner Gönner, auf dem Wege der Besserung befand.
Für die Nachmittags-Conversation im k.k. Volksgarten am Sonntag dem 16. März wurde Johann Strauss audrücklich wieder persönlich als Leiter der Kapelle angekündigt. Möglichweise hat er nur bei einigen ausgesuchten Werken, bei den Novitäten aus dem Karneval, selbst geigend das Orchester geleitet ansonsten die Leitung aber Amon überlassen. Das sehr zahlreich versammelte Publikum spendete ihm reichlichen Beifall.
Auch für den 20. März an dem abends im Nationaltheater an der Wien, wie es auch 1851 noch hieß, eine Vorstellung zum Vortheile des St. Joseph-Kinderspitals auf der Wieden stattfand, wurde der Kapellmeister persönlich angekündigt. Constanze Geiger trat in zwei Lustspielen auf und die Kapelle Strauss führte verschiedene Piecen auf.
Joseph Geiger, Constanze’s Vater übergab wenige Tage Tage später den Ertrag von 333 fl. 45 fr. C.M. an Michael von Rambach, Directionsmitglied und Cassenverwalter des St. Joseph Kinderspitals auf der Wieden. In der Anzeige erwähnt er die Mitwirkung des „genesenen Capellmeisters Johann Strauss”. Tags darauf wurde ergänzend Frl. Constanze Geiger nicht nur für ihre theatralische Vorstellung sondern auch für ihre mit Recht beliebten Kompositionen, die Herr Strauss mit seinem Orchester mit Fleiß und Präzision vortrug, erwähnt.
Von Ende März an, noch während der Fastenzeit, veranstaltete Herr Vallentin in Dengler’s Bierhalle jeweils donnerstags Abendunterhaltungen bei denen Johann Strauss sein großes Orchester persönlich leitete.
Ab dieser Zeit waren öffentliche Abendunterhaltungen nicht mehr während der gesamten Fastenzeit, sondern nur noch an Normatagen untersagt. Als Normatag (auch: Norma-Tag) oder gesperrter, großer Festtag wird ein Tag bezeichnet an dem öffentliche Musik- und Theateraufführungen untersagt waren. Wenn das Veranstaltungsverbot nur das k. k. Hoftheater betroffen hat, sprach man von einem Hofnormatag. Hofnormatage wurden per Dekret der Hofkanzlei festgelegt. In Fällen besonderer Hindernisse war „mit allerhöchster Genehmigung eine Verlegung dieser Normatage“ möglich.
Allgemeine Normatage, an denen Theatervorstellungen und Konzerte in der k. u. k. Monarchie nicht stattfinden durften, waren die drei letzten Tage der Karwoche, der Ostersonntag, der Pfingstsonntag, der Tag des Fronleichnamfestes, der Weihnachtsabend und der Christtag.
Am Ostersonntag, Pfingstsonntag und Christtag war eine Ausnahmegenehmigung zu wohltätigen Zwecken durch die Behörde möglich. Wir kommen im Zusammenhang mit der Uraufführung der Operette Die Fledermaus von Johann Strauss noch einmal auf dieses Thema zu sprechen.
Während Johann Strauss „zur Verbesserung der Subsistenz der verkrüppelten Krieger ohne Arme” 1 fl. spendete was in einem Verzeichnis mit der Überschrift „Der Aermste aller Armen ist der Arme ohne Arme !!” überschrieben war, stattete der Capellmeister Ludwig Morelly seinem Wundarzt öffentlichen Dank dafür ab, daß er in so kurzer Zeit von einem doppelten Beinbruch hergestellt wurde. Am 21. April veranstaltete er in Unger’s Casino eine Nachmittags-Conversation zu seinem Benefize.
Im Sperl fanden vor Ostern und vor dem Ende der Wintersaison 3 Soiréen von Johann Strauss statt.
Außerdem leitete er weiterhin an Sonn- und Feiertagen die Musik bei Nachmittags-Unterhaltungen im k.k. Volksgarten und seine Gesundheit war für die bevorstehende Frühlings- und Sommersaison offenbar soweit wieder hergestellt, daß man im Hirschenhaus noch nicht an den Einsatz des „Aushilfsmöbels Josef”, wie er sich selbst später einmal bezeichnete, denken mußte. Josef übernahm Mitte April die Bauleitung in Trumau. Johann hatte auch die Kompositionstätigkeit wieder aufgenommen und einige Werke für den Frühling und den Sommer, teilweise mit dem mit ihm befreundeten Franz von Suppé, komponiert.
Johann hatte aber trotz seiner angeschlagnen Gesundheit folgende Engagements vereinbart:
Montag: ab Juni unregelmäßig Soirée großer Zeisig
Dienstag: Soirée im k.k. Volksgarten
Mittwoch: ab Juni unregelmäßig Soirée großer Zeisig
Donnerstag: Große Abendunterhaltung in Dengler´s Bierhalle
Freitag: Soirée im k.k. Volksgarten
Samstag: Soirée im Sperl
Sonn- und Feiertage: Nachmittags-Unterhaltung bei Eröffnung des Promenade-Gartens in Unger´s Casino
Die Sonntags-Unterhaltungen waren außer der Fest-Soirée "Erinnerung an Strauss" zu wohltätigem Zweck im Vorjahr die ersten Auftritte in Unger´s Casino nach der Versöhnung der rechtmäßigen Familie Strauss mit Unger.
Ludwig Morelly wechselte an Sonntagen in Zögernitz Casino nach Oberdöbling.
Das erste Fest der Saison fand am 20. Mai im k.k. Volksgarten, bezeichnet „Blumen-Mosaik”, großes Mai-Fest zur Feier der erwachten Natur statt. Neben Strauss wirkte der Militär-Kapellmeister Joseph Liehmann mit seiner Kapelle mit. Strauss präsentierte bei diesem Fest seine einzig erhalten gebliebene Komposition dieses Frühlings, sein Opus 98, die „Promenade-Quadrille”.
Das nächste Fest im k.k. Volksgarten welches mit gleichem Arrangment als große Sommer-Fest-Soirée am 6. Juni geplant war und für das Strauss sein Opus 95, den Walzer „Idyllen” komponierte fiel zunächst aus. Nachdem es auch am 10. ausfiel wurde es schließlich erst am 13. Juni veranstaltet und der Walzer uraufgeführt. Der Walzer wird im September das erste Werk von Johann Strauss Sohn sein welches im Verlag Haslinger im Druck erscheinen wird.
Für das erste große Fest in der Bierhalle welches J. Vallentin am 16. Juni in Verbindung mit einem Ball veranstaltete, bot er ein bengalisches Feuerwerk, eine Colorit-Beleuchtung des Parkes und engagierte gleich vier Musikchöre. Neben J. Strauss, L. Liehmann und J. Adam auch die Musikgesellschaft der Herren J. Schmutzer und F. Gruber.
Die „Industriepolka” die Johann Strauss bei diesem Fest aufführte ist leider verschollen.
Über das Benefice-Fest mit Ball des Johann Strauss in Dengler’s Bierhalle in Fünfhaus ist nur die nachfolgende schlichte Annonce erhalten. Ob Strauss sonstige Attraktionen bot ist nicht bekannt, er präsentierte an diesem Abend zwei Novitäten. Neben dem „Kaiser-Jäger Marsch”, seinem Opus 93 auch die „Gambriunus- Tänze”, Opus 97.
Im k.k. Volksgarten (und in Folge auch im Casino Zögernitz) verstaltete Johann Strauss am 27. Juni eine Soirée bei der er „hierbei Concert-Produktion der von dem demselben engagierten kleinen Geschwister Rosa und Katinka Treka, (erstere 12 und letztere 10 Jahre alt) auf der Violine präsentierte. Am 15. Juli veranstaltete Strauss dort ein großes Musik-Fest zu seinem Benefice. Dabei wirkten zwei Militär-Musikcapellen unter den Kapellmeistern J. Liehmann und J. Wannek und die Geschwister Treka aus dem Riesengebirge die ein Violinen-Duo spielten, mit. Strauss führte sein erstes großes muikalisches Potpourri, betitelt (musikalische) Nebelbilder aus der Tonwelt, mit Chören und Orgelbegleitung, an dessen Entstehung der Strauss-Freund Suppé mitgearbeitet hat, erstmals auf. Auch dieses Werk ist verschollen. Das Fest war trotz kühler Temperaturen gut besucht.
Für sein Benefice am 7. Juli veranstaltete Strauss ein großes Nationalitäten-Centralisations-Fest mit Ball in der Bierhalle in Fünfhaus. Das Fest führte den Titel „Das Banquett in Gambrinus Kristallen-Palaste”. Strauss wirkte mit seinem Orchester von 5 Uhr an im Garten und von halb 9 Uhr an beim Balle in der Halle mit. Weitere 2 Militär-Musik-Kapellen wirkten mit. Strauss´es Opera 93, der „Kaiser-Jäger Marsch” und 97 „Gambriunus-Tänze” wurden uraufgeführt.
Über Veranstaltungen im Sperl während der Freiluftsaison 1851 wissen wir nicht viel. Johann Strauss soll beim Armenball der Leopoldstadt und der Jägerzeile am 5. Februar im Sperl den Zauberkünstler „Professor Herrmann”, dessen interessante Blumenspenden „ganz so wie durch die indischen Magie des Herrn Professor Herrmann“ auch bei dem Monte Christo Ball zur Belustigung des Publikums verabfolgt wurden, kennen gelernt haben. Strauss schloß spontan Freundschaft mit Karl Compars Herrmann, wie er richtig hieß und imporvisierte für ihn eine „Herrmann-Polka”, Strauss’es Opus 91, die allerdings erst im Sommer, am 14. Juni im Sperl öffentlich aufgeführt wurde. Im Sperl fanden ansonsten nur die Soiréen und die Sonntags-Bälle statt über die keine Details bekannt sind, auch nicht, ob ein Strauss Orchester die Musik produzierte, und im September und Oktober noch einmal eine Reihe von Soiréen.
Zu Ehren der Annen veranstaltete J. Vallentin am 28. Juli in seiner Bierhalle ein Pracht-Freuden-Fest mit Ball und Annen-Galanterie-Spende für das er 4 große Musik-Chöre engagierte die er in der Anzeige nicht nannte. Strauss dürfte aber eines der vier Orchester gestellt haben.
Am 11. August veranstaltete Leopold Kremser ein außerordentliches Pracht-Fest mit Ball, Illumination und Feuerwerk, betitelt "das Rendez-vous im Reiche der Karfunkel" in seinen Localitäten am Währingerspitz. Johann Strauss und die Militär-Capelle J. Wanek wirkten mit.
Ob Strauss auch bei der Vorfeier des allerhöchsten Geburtsfestes des Kaisers am 13. August bei dem außerordentlichen Tyroler und Salzburger-Hochland National-Fest mit Ball zur Vorfeier in Zögernitz´ Casino einen der 3 Musik Chöre leitete ist unklar. Er hatte an diesem Abend eine Soirée im großen Zeisig im Kalender.
Sicher ist, daß er tags darauf bei der großen musikalischen Fest-Assemblée in allen Sommer-Localitäten im Sperl die der Frauen Verein des Bezirkes Leopoldstadt zum Besten seiner Arbeitschulen und besonders bedürftiger Armen veranstaltete wieder abwechselnd mit der Militär-kapelle Jos. Liehmann die Musik leitete. Von der öffentlichen Danksagung des Vereins vom 4. September wissen wir, daß das Fest nach Abzug der Auslagen von 216 fl. 13. kr. einen reinen Ertrag von 184 fl. 3 kr. ergab und daß Johann Strauss in Berücksichtigung des wohltätigen Zweckes, wie der Saalpächter und anderen, für seine Person auf das Honorar verzeichtete.
Johann Strauss war nicht so gebucht wie sein Vater früher. Bruder Josef war aus Trumau nach Wien zurück gekehrt und dürfte seine Studien wieder aufgenommen haben und kein oder kein regelmäßiges Einkommen bezogen haben. Ob der Wechsel des Verlegers zu Carl Haslinger entscheidende pekunäre Vorteile brachte ist nich bekannt, Strauss beschimpfte Haslinger später als Blutsauger, jedenfalls blieben in den Jahren 1850 und 1851 eine Reihe von Werken ungedruckt und Strauss komponierte Anfang des Jahres krankheitsbedingt nicht viel, sodaß die Honorare der Verleger zurück geblieben sein dürften. Vermutlich waren dies alles Gründe, daß Strauss nach weiteren Verdientsmöglichkeiten, auch in kleineren Gasthäusern der Vorstädte und den Kurstädten Baden und Vöslau suchte.
Irgenwann in dieser Zeit dürfte Strauss sein Orchester seinem neuen Verleger für Proben einer von Haslinger komponierten Kandate welche Liszt in Weimar aufführen sollte, zur Verfügung gestellt haben.
Am 16. August leitete er die Musik bei einer Soirée mit Ball in einem Lokal >zum Jägerhorn<. Näheres ist nicht bekannt. Das Lokal bestand in Vöslau und er hat dort Mitte August sein Opus 100, die „Vöslauer-Polka” uraufgerührt.
Im k.k. Volksgarten sollte am 18. August der 21. Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers mit einem großen Wiener-Jubel-Fest gefeiert werden. Johann Strauss hatte extra einen Marsch mit dem Motto des Kaisers, „Viribus Unitis-Marsch”, sein Opus 96 komponiert, aber das Fest musste wegen Schlechtwetter verschoben werden. Es fand am 22. August, nicht an dem schon reservierten Ausweichtermin am Dienstag, den 26. statt. An diesem Dienstag war gewöhnliche Soirée.
Wegen des geplanten Jubel-Festes am Montag wurde die übliche Soirée am Dienstag den 19. August abgesagt und Strauss konnte bei der festlichen Eröffnungs-Feier mit Ball der ganz neu und mit Pracht und Eleganz hergestellten, und nunmehr miit Gas brillant erleuchteten Maier´schen Saal-Localitäten in Sechshaus unter der Bezeichnung „Die Promenade im funkelnden Brillant-Tunnel” die Ball-Musik dirigieren. J.A. Adam produzierte sich im Garten. Die Localität wurde allerdings kein fester Auftrittsort der Strauss-Kapelle.
Am 24. und 25. August war der Hernalser Kirchtag. Am Sonntag veranstaltete Unger nur die gewöhnliche große musikalische Nachmittags-Conversation, bei der Johann Strauss sein Opus 100, die „Vöslauer-Polka” erneut aufführte. Am Montag den 25. war ein großes Gartenfest mit Ball in Unger´s Casino mit 2 Musik Chören geplant das allerdings wegen ungünstiger Witterung nicht abgehalten werden konnte und am 27. August statt fand. Bei diesem Fest soll Strauss Opus 99, der Walzer „Frauenkäferln” erstmals aufgeführt worden sein.
Am Tag des 50. Geburtstag von Mutter Anna Strauss am Samstag den 30. August hatte Johann ein Soirée im Sperl und nicht frei.
Herr Hembsch, der Pächter des Cursalon am Wasserglacis versuchte im September eine Reihe von Illuminations- und Decorations-Festen unter der Bezeichnung „Eine Nacht im Orient”, zu veranstalten. Über das Arrangement wissen wir nichts, Johann Strauss wurde in der ersten Ankündigung genannt. Das Fest war ursprünglich am Montag, den 1. September geplant, es folgten Ankündigungen für Donnerstag den 4., Mittwoch den 10. und Mittwoch den 17. Als Herr Hembsch dann bei der nächsten Ankündigung für den 22. September gleich einen Ersatztermin angab konnte es offensichtlich endlich stattfinden.
Die Nachmittags-Conversation in Unger’s Casino am 14. September wurde wie im Vorjahr erneut als außergewöhnliche Fest-Soirée zur Erinnerung an weiland Johann Strauss veranstaltet.
Am 18. September erschien in der Wiener Zeitung die Erstanzeige des Walzers „Idyllen” des Opus 95 von Johann Strauss als erstes Werk in dem Verlag Carl Haslinger quantum Tobias im Druck. 5 Tage später zeigte Pietro Mechetti die Werke Nr. 87 bis 94 in der Wiener Zeitung auf einmal an. Ab dann erschien kein einziges Werk der Strauss-Brüder jemals mehr in diesem Verlag. Vorher hatte Mechetti die ersten beiden der 8 Werke am 16. Mai bereits im Fremden-Blatt angezeigt, opus 89 und 92 am 25. Juli, ebenfalls im Fremden-Blatt
Der Namenstag Franz am 4. Oktober wurde mit einem großen Fest mit Illumination und Feuerwerk zur Feier des a.h. Namenstages Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I. und zum Abschluß der Sommer-Saison schon am 3. im k.k. Volksgarten begangen. Johann Strauss und die Kapelle Liehmann wirkten mit. Johann Strauss führte seine „Vivat-Quadrille”, sein Opus 103 erstmals vor.
Herr Hembsch mußte das geplante große Illuminationsfest mit symbolischem Feuerwerkskörper zur Nachfeier des glorreichen Nanemsfestes Sr. Majestät Kaiser Franz Joseph am Wasserglacis am 6. erneut absagen und konnte es erst am 8. Oktober veranstalten. Die Herren Capellmeister Strauss und Wanek und der k.k. Hof- und KunstfeuerwerkerStuwer wirkten mit.
Das letzte Fest im Freien im k.k. Volksgarten war ein großes Promenade-Fest am 12. Oktober zum Benefiz des Johann Strauss, das er "Die Wanderung in den Feuer-Ocean" betitelte und das er mit Illumination und Feuerwerk von Stuwer ausstattete und für das er eine Militär-Kapelle engagierte. Passend war auch der Titel der Novität, des Opus 101, des Walzer „Mephistos Höllenrufe”.
In Dengler’s Bierhalle wurden die Abend-Soiréen an den Donnerstagen auch während der Herbst- und Winter-Saison ununterbrochen fortgesetzt. Am 16. Oktober wirkte Johann Strauss bei der Theresien-Fest-Soirée bei glänzender Beleuchtung der Halle persönlich mit.
In der Winter-Saison wechselte Strauss Sonntag-Nachmittags wieder in den k.k. Volksgarten, in Unger’s Casino übernahm Ludwig Morelly die Leitung der Musik.
Das Katharinen-Fest wurde mit mehreren Bällen bei denen jeweils Johann Strauss die Ballmusik leitete, gefeiert.
Am 23. November fand der maskierte Ball in den k.k. Redoutensälen zum Vorteil der Pensionsgesellschaft bildender Künstler statt für den Strauss’es Teilnahme nicht nachgewiesen ist. Tags darauf fand zu Ehren der Katharinen eine außergewöhnliche Eröffnung des wieder mit aller Pracht hergestellten Sofienbad-Saales, ein Redout-Banquet mit Ball statt. In der Besprechung hieß es, die „alles belebende Musik des jungen Strauss erzeugten eine so große Tanzlust, daß während der ganzen Dauer des Balles mit dem größten Animo getanzt, fast jede Piece wiederholt wurde und auf allen Gesichtern Lust und Freude strahlten”. Am 26. November veranstaltete Franz Rabensteiner ein großes Katharinen-Ball-Fest in den Wintersälen im Sperl. Am 27. November fand anstelle der große musikalischen Abendunterhaltung in der Bierhalle außerhalb der Mariahilfer Linie eine große Katharinen-Fest-Soirée statt.
Die letzte große musikalische Abendunterhaltung 1851 in der (Dengler´s) Bierhalle fand am 18. Dezember statt.
Das Jahr endete mit der schon traditionellen Sylvester-Feier im Sperl und mit einer Annonce, daß der beliebte Kapellmeister Johann Strauss, wie in früheren Jahren, die Leitung der Ball-Musik im Carneval 1852 im Sofienbad-Saal übernommen hat.
Die weiteren Erstanzeigen waren:
Am 2. Februar die „Exeter Polka” plus 7 schon veröffentliche Werke aus dem Nachlass von Strauss Vater, am 6. Februar neueste Tanzmusik für das Pianoforte
Zum Jahresende 1851 begann endgültig der Neoabsolutismus, das ist die Bezeichnung für das österreichische Regierungssystem von 1849-60. Es wurde mit der Auflösung des Reichstags von Kremsier (1849) und der (nie in Kraft getretenen) oktroyierten Verfassung eingeleitet und durch die formale Auflösung dieser durch das Silvesterpatent von 1851 eingeleitet. Das zentralistisch und faktisch absolutistisch agierende System mit seiner Überbetonung von Polizei, Armee und später im Konkordat von 1855 auch der katholischen Kirche sowie den Zugriffsmöglichkeiten dieser Institutionen auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens verschärfte einerseits den Konflikt mit dem liberalen, reformorientierten Bürgertum, trug andererseits aber durch die konsequent durchgeführte Bauernbefreiung und das Eintreten für die Industrialisierung zum wirtschaftlichen Aufstieg Österreichs bei. Begünstigt durch die militärische Niederlage Österreichs 1859/60 in Italien (u. a. Magenta, Solferino) wuchs der Widerstand gegen den Neoabsolutismus, der mit dem Oktoberdiplom 1860 und dem Februarpatent 1861 durch ein konstitutionelles System abgelöst wurde.
Kaiser Franz Joseph reiste Ende März in seine italienischen Kronlande, am 21. mit seinem Bruder Maximilian nach Triest und weiter in das damals österreichische Venedig von wo er am 4. April wieder nach Wien kam. Ende Juni traf er sich mit dem Zar von Rußland in Olmütz, von wo er über Prag nach Wien zurück kehrte. Im Sommer reiste er zwei Mal nach Ischl, wo er am Anfang September das preußische Kaiserpaar traf. Gleich anschließend reiste er erneut nach Italien, am 12. September nach Verona, danach nach Mailand und Monza, nach Somma und wieder nach Venedig. Am 10. Oktober brach er nach Galizien auf. Über Krakau und Lemberg reiste er zur Jagd nach Radautz, ins heutige Rumänien. Er kam über Troppau am 4. November wieder in Wien an.
Noch waren die Reisen, auch für den Kaiser und seine Begleiter beschwerlich. Für seine erste Reise nach Triest konnte er die Bahn bis nach Gloggnitz und auf einigen anderen Teilstücken nutzen. Erst 1854 war die Südbahn zwischen Wien und Laibach (Ljubljana) durchgehend befahrbar. Ab dem 12. Juli 1857 konnte man mit dem Zug durchgehend von Wien nach Triest reisen und ab dem 12. Oktober 1857 auch von Venedig nach Mailand. Für das Treffen mit Zar Nikolaus I. in Olmütz stand die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn durchgängig zur Verfügung. Für die Weiterreise bestand, schon seit 1845 der Anschluss an die k.k. Nördliche Staatsbahn nach Prag.
Nach Ischl musste der Kaiser noch mit der Kutsche oder mit Dampfboot und Kutsche reisen. Erst am 21. Juni 1851 hatten Österreich und Bayern mit einem Staatsvertrag die Errichtung von Eisenbahnen zwischen beiden Ländern beschlossen. Vereinbart wurden die Strecken von München über Salzburg nach Wien, von Rosenheim über Kufstein nach Innsbruck und die Fortführung der von Nürnberg kommenden Strecke über Regensburg nach Linz.
Auf seiner Reise nach Galizien konnte er zumindest bis Krakau die Bahn benutzen, allerdings gehörten mehr als 100 km Strecken in preußischem Besitz und Staatsgebiet.
Was sonst noch geschah:
Patente:
Postdienste
Astronomie, Meteorologie, Physik
Musik und Theater
Katastrophen